19. Dezember: Florian Zittel

  19.12.2023    BLV
Beim BLV-Adventskalender 2023 öffnet sich bis zum 24. Dezember täglich ein Türchen, hinter dem sich ein Athleten-Portrait verbirgt. Traditionell finden die Rück- und Ausblicke unserer Athletinnen und Athleten ihren Weg ins BLV-Jahrbuch – in diesem Jahr werden sie zusätzlich in zufälliger Reihenfolge als Adventskalender präsentiert.

Florian Zittel

LG Region Karlsruhe

Europameisterschaften (U20) – 14. Platz über 3.000 Meter Hindernis
Deutsche Meisterschaften (U23) – 2. Platz über 3.000 Meter Hindernis
Deutscher Meister im 10 Kilometer Straßenlauf (Mannschaft)

„Ich will nur noch Mittelstrecke laufen“, äußerte der talentierte Hindernisläufer am Ende der Saison 2022 seinem Trainer Günther Scheefer gegenüber, obwohl mit der Finalteilnahme bei der U20-EM in Tallinn 2021 und dem U23-Titel im Jahr 2022 sein Hindernistalent mehr als deutlich wurde. Der Wunsch basierte indes auf dem großen Stress, den seine Ausbildung zum Mechatroniker und die damit verbundene 40-Stunden-Woche in der Werkstatt mit sich brachte. Trainingswochen mit 100 Kilometer Umfang und eine körperlich harte Ausbildung ließen sich nicht mehr in Einklang bringen. Allerdings zeigte die Hallensaison anschließend doch deutlich, dass Flo, wie er in seiner Karlsruher Trainingsgruppe genannt wird, zwar durchaus auch auf der Mittelstrecke begabt ist, aber eben nicht hochbegabt. Und so entschied der Sohn einer ugandischen Mutter und eines deutschen Vaters dann nach der erfolgreichen Beendigung seiner Ausbildung im Frühjahr 2023 kurzerhand, für mehrere Wochen nach Tansania zu gehen, um dort an den Grundlagen zu arbeiten und noch mal einen Anlauf über die Hindernisstrecke zu nehmen. Der Erfolg sollte ihm recht geben. Die „Lange Laufnacht“ in Karlsruhe musste er krankheitsbedingt als Season-Opener noch auslassen, aber im belgischen Oordegem gelang ihm eine Woche später auf Anhieb in 8:45 Minuten eine neue Bestzeit und die U23-EM-Norm. Der erste Teil der Nominierung war damit erfüllt. Bei den deutschen Juniorenmeisterschaften attackierte er früh, um mit einem Platz unter den ersten Zwei die EM-Nominierung endgültig klarzumachen, verlor dadurch in 8:53 Minuten aber den möglichen DM-Titel gegen Robin Müller.

Dass dies möglich gewesen wäre, bewies er im Vorlauf der U23-EM in Espoo (Finnland). Vom Großereignis motiviert kämpfte er bei nicht optimalen Bedingungen sogar um den Vorlaufsieg und verbesserte bei der Meisterschaft trotz des eher taktischen Vorlaufs seine Bestzeit auf 8:44,70 Minuten. Der Finalplatz war damit gesichert, hätte doch sogar Platz 5 im Vorlauf sicher zum Weiterkommen gereicht. Im Finale musste er dann allerdings anerkennen, dass die fehlenden Kilometer im Winter und der heißblütige Husarenritt im Vorlauf doch ihren Tribut forderten: Im starken Finale konnte er ohne ausreichende Regeneration ab Kilometer 2 der Spitze nicht mehr folgen und belegte letztlich den 14. Platz in 9:08,31 Minuten. Die Enttäuschung im ersten Moment wich aber recht schnell dem Stolz über eine erfolgreiche Europameisterschaft eines Mechatronik-Auszubildenden in einem Feld, das fast ausschließlich mit professionellen oder semiprofessionellen Athleten besetzt war. Da Florian nach dem Ende seiner Berufsausbildung erstmal verstärkt auf den Sport setzen will, bleibt abzuwarten, was möglich sein wird, wenn auch er sich voll auf den Sport konzentrieren kann. Die Olympischen Spiele 2024 in Paris werden wohl noch zu früh kommen, wenngleich dem angstfreien und immer optimistischen Heißsporn alles zuzutrauen ist.

erstellt von Günther Scheefer / blv