Zwei Silbermedaillen für Shanice Craft
  16.07.2013 •     BLV


Tampere (11.-14.07.) – Shanice Craft hat auch bei den U23-Europameisterschaften im finnischen Tampere gezeigt, dass sie international zu den besten Nachwuchsathletinnen mit Kugel und Diskus gehört. Zwei Silbermedaillen fügte die Athletin der MTG Mannheim ihrer schon umfangreichen Sammlung hinzu.

Bestleistung zum richtigen Zeitpunkt: Shanice Craft präsentierte sich bei ihrem ersten Wettbewerb, dem Kugelstoßen, in Top-Form. Mit 17,29 m stellte sie eine neue Bestmarke auf und gewann die Silbermedaille vor Lena Urbaniak (LG Filstal), die dahinter mit 16,98 m Bronze holte. Der Sieg ging an die Ukrainerin Olha Holodnaya, die mit 18,11 m so weit stieß wie nie zuvor.
In der Qualifikation am Vormittag wuchtete Shanice die Kugel im zweiten Durchgang auf 17,10 m und übertraf damit die geforderten 16 m deutlich. Danach konnte sie ihre Sachen zusammen packen und sich auf das Finale vorbereiten. Mit ihr zogen auch Lena Urbaniak und die dritte Deutsche, Siebenkämpferin Sara Gambetta, in die Runde der besten Zwölf ein. „Das war toll für uns, wir haben uns gegenseitig anfeuern können!“ Im Finale legte die Ukrainerin mit 17,69 und 18,11 m dann gleich mächtig vor. Shanice stieß nach 16,16 und 16,15 m im dritten Durchgang ihre Bestweite von 17,29 m und schob sich damit auf Platz zwei. Ihre bisherige Bestmarke steigerte sie damit um einen Zentimeter. „Das war genau mein Ziel. Ich weiß, dass ich noch mehr drauf habe. An einen Zentimeter habe ich dabei nicht gedacht, aber hey, Bestleistung ist Bestleistung und da macht mich auch ein einziger Zentimeter glücklich. Aber ich hoffe, dass in diesem Jahr noch die 18-Meter-Marke fällt“, so die Mannheimerin.
Groß feiern konnte Shanice am Freitagabend aber nicht. „Nur ein kleines bisschen.“ Denn am Samstag stand mit der Qualifikation im Diskuswerfen schon die nächste Herausforderung für die 20-Jährige an. „Ich hoffe, mein Oberschenkel hält da genauso gut wie im Kugelstoßen“, sagte sie im Hinblick auf ihren Oberschenkel, der nach einem wieder aufgebrochenen Muskelfaserriss dick bandagiert war. „Die Medaille war deshalb auch wichtig für den Kopf. Das gibt mir eine große Portion Selbstbewusstsein für den Diskuswurf.“
Die zeigte sie am Samstagvormittag in der Gruppe A auch gleich: Mit 57,38 m im ersten Versuch schaffte sie die geforderten 54,00 m souverän und konnte ihre Sachen packen bis zum Finale am Sonntagmittag. Und dort sollte es dann zum erhofften deutschen Doppelsieg kommen. Shanice sicherte sich hinter ihrer Mannschaftskollegin Anna Rüh (Neubrandenburg; 61,45 m) ihre zweite Silbermedaille. Mit 58,64 m kam sie zwar nicht an ihre Bestweite heran, konnte sich aber trotzdem über Silber und den deutschen Doppelsieg freuen.
Shanice begann relativ vorsichtig den Wettkampf. „Ich hatte doch eine kleine Blockade im Kopf, dass es im Oberschenkel wieder richtig weh tut.“ Ganz schmerzfrei war sie nämlich ohnehin nicht, schließlich brach eine im März zugezogene Oberschenkelverletzung in Ulm eine Woche vor der U23-EM wieder auf. „Dabei haben mich die Physios hier in Tampere wieder ganz gut hinbekommen“, sagte die Werferin der MTG Mannheim. Trotzdem drehte sie deutlich langsamer als sonst – und warf dennoch nach einem ungültigen gleich im zweiten Versuch 58,64 m. Mit 58,00 und 55,93 m sowie zwei ungültigen Würfen konnte sie sich danach aber nicht mehr verbessern. Welche Medaille schöner glänzt? „Leichter war vielleicht die im Diskuswurf zu holen, aber mein Herz hängt an beiden“, freute sich Shanice nach dem Wettkampf.
Ihr Vereinskamerad Patrick Domogala hatte dagegen wie schon im Vorjahr wieder etwas Pech und musste nach dem 100m-Semifinale seine Sachen packen. In 10,57 sec verpasste er als Neunter den Sprung in den Endlauf nur um zwei Hundertstel. Als Fünfter seines Zwischenlaufs kam er auch über die Zeitregel nicht weiter. „Das Finale wäre die Krönung gewesen“, sagte der 20-Jährige danach. Aber auch so war er mit seiner Vorstellung zufrieden. „Das war eine Steigerung zum Vorlauf“, meinte er, auch wenn er mit den letzten 20 Metern noch haderte. „Ich weiß, ich muss noch an mir arbeiten.“ Neben der Aggressivität auf den letzten Metern meint er damit auch die ersten dreißig Meter. „Da muss ich länger mit dem Oberkörper tief bleiben“, analysierte der Mannheimer selbstkritisch.
Für den Schlusstag hatten sich Patrick und seine DLV-Kollegen über 4x100m einiges vorgenommen. Nach der zweitschnellsten Vorlaufzeit von 39,25 sec war für den Endlauf eine Medaille angepeilt. Doch die deutsche Staffel mit den beiden Mannheimern Yannick Hoecker und Patrick Domogala verpasste ein paar Stunden später unglücklich als Vierte das Edelmetall. In einem hochklassigen Lauf holte sich Großbritannien in 38,77 sec Gold vor Polen in 38,81 sec. Auf Rang drei lief die Staffel von Spanien in 38,87 sec, nur einen Wimpernschlag vor dem DLV-Quartett in 38,88 sec. Dabei zeigten die DLV-Läufer einen optimalen Lauf, den Yannick als Startläufer perfekt eingeläutet hatte. Mit ihrer Endzeit von 38,88 blieben sie über zwei Zehntel unter dem bisherigen deutschen U23-Rekord und gar noch unter dem bisher stehenden Europarekord von 38,95. „Das ist wie ein Fluch“, waren dann Patrick und seine Mitstreiter auch entsprechend gefrustet.

Ralf Wohlmannstetter