Verena Sailer sensationell Europameisterin über 100m<br>Silber für Speerwerferin Christina Obergföll / Badische fünf Minuten in der katalanischen Hauptstadt
  03.08.2010 •     BLV


Barcelona (27.07.-01.08.) – Mit zwei Medaillen war die kleine badische Delegation bei den Europameisterschaften in Barcelona sehr erfolgreich, auch wenn ein kleiner Wehrmutstropfen durch das frühe Staffel-Aus bleibt.

Verena Sailer (MTG Mannheim) und Christina Obergföll (LG Offenburg) sorgten am dritten Wettkampftag innerhalb von fünf Minuten für die ersten deutschen Medaillen. Verena hielt allem Druck stand und wurde Europameisterin über 100m. Christina holte mit Silber im Speerwerfen ihre erste EM-Medaille. Beide ließen sich auch nicht von dem Gewitter beeindrucken, das zu Beginn der Abendwettkämpfe über das Stadion zog. Immerhin brachte es ein wenig Abkühlung und vertrieb die Schwüle.
Zunächst musste Verena um 20.20 Uhr im Halbfinale über 100m antreten. Dort präsentierte sie sich souverän und rannte 11,06 sec bei 2,2 m/s Rückenwind auf der pfeilschnellen Bahn des Olympiastadions. Damit konnte sie wegen des Windes zwar keine neue Bestzeit verbuchen, hatte sich aber endgültig in die Favoritenposition gebracht. Ihre Vereinskollegin Anne Möllinger hatte es auch ins Halbfinale geschafft, schied aber als Achte ihres Laufes in 11,60 sec aus.
Um 20.40 Uhr ging der Speerwurfwettbewerb mit drei deutschen Teilnehmerinnen los. Weltrekordlerin Barbora Spotakova (Tschechien) startete mit 65,36 m gleich beeindruckend. Christina Obergföll reihte sich mit 61,46 m als Zweite ein. Im zweiten Durchgang steigerte sich Christina auf 64,12 m und festigte Rang zwei. Linda Stahl (Bayer Leverkusen) warf im dritten Versuch 63,17 m und ging hinter Spotakova und Obergföll als Dritte in den Endkampf. In der vierten Runde änderte sich nichts.
Doch im fünften Durchgang sorgte Linda Stahl für einen Paukenschlag: Mit neuer persönlicher Bestleistung von 66,81 m setzte sie sich an die Spitze. Direkt danach konnte auch Christina noch einmal alle Kräfte zusammen nehmen: 65,58 m bedeuteten wieder Rang zwei. Barbora Spotakova warf 65,06 m und war von nun an Dritte. Auch im sechsten Durchgang konnte die mitfavorisierte Russin Mariya Abakumova nicht in die Medaillenvergabe eingreifen. Sie wurde mit 61,46 m Fünfte, Katharina Molitor steigerte sich auf 63,81 m und schob sich auf Rang vier vor. Zwei deutsche Medaillen für Linda und Christina waren sicher, bevor das 100m-Finale angepfiffen wurde.
Um 21.47 Uhr saßen die acht schnellsten Frauen Europas in den Startblöcken. Mittendrin auf Bahn vier die Vor- und Zwischenlaufschnellste Verena Sailer. Doch die 24-Jährige ließ sich von ihrer eigenen Stärke nicht verrückt machen und zeigte, dass sie topfit nach Barcelona gereist war. In 11,10 sec lief Verena das vorerst beste Einzelrennen ihrer Karriere und wurde Europameisterin! Kurz vor der Ziellinie fing sie die Französin Véronique Mang ab, die in 11,11 sec Zweite wurde. Bei 0,6 m/s Gegenwind steigerte Verena ihre Bestzeit um acht Hundertstel Sekunden.
„Das ist Wahnsinn. Unbeschreiblich“, sagte die Mannheimerin nach dem Rennen. „Ich wusste, dass sich mir die Gelegenheit zum Sieg nur bei Europameisterschaften bietet und habe die Gelegenheit bei Schopfe gepackt“, so die neue Europameisterin. Besonders in der Zielkurve jubelten zahlreiche deutsche Fans, die das Speerwerfen verfolgten.
Dort ging es nach dem 100m-Finale mit den letzten drei Werferinnen in den sechsten Versuch. Barbora Spotakova kam nicht mehr an ihre beste Weite heran – um 21.52 Uhr stand der deutsche Doppelsieg fest. Christina Obergföll sicherte sich Silber und Linda Stahl konnte erst gar nicht so recht fassen, dass sie die neue Europameisterin im Speerwerfen ist.
„Auf jeden Fall freue ich mich über die Medaille. Das Ziel war eine Medaille“, so Christina nach dem Wettkampf. „Ich hatte am Ende Probleme mit den Beinen. Das lag vielleicht daran, dass ich die letzten drei Tage Magen-Darm-Probleme hatte.“ Die neue Europameisterin und Nachfolgerin von Steffi Nerius war einfach nur glücklich: „Ich habe einfach mal den Arm oben gelassen. Es hat alles gepasst. Ich hatte Glück, alles ist super“, so Linda Stahl.
Am Donnerstagvormittag hatte Matthias Bühler (LG Offenburg) das Halbfinale über 110m Hürden erreicht. In 13,62 sec qualifizierte sich Matthias als Laufvierter über die Zeit für die Runde der letzten 18. „Es ist sehr schwierig, am Morgen zu laufen. Wer mich kennt weiß, ich bin Langschläfer“, erklärte der Offenburger. „Ich bin froh eine Runde weiter zu sein.“ Im Halbfinale lief es dann allerdings weniger gut – in 13,99 wurde Matthias Siebter seines Laufes, was in der Endabrechnung Rang zwölf bedeutete.
Der Medaillentraum der 4x100m-Staffel der Frauen platzte leider schon im Vorlauf. Yasmin Kwadwo und Marion Wagner waren angelaufen, dann übernahm Anne Möllinger in aussichtsreicher Position das Holz in der zweiten Kurve. Doch der dritte Wechsel zu Verena Sailer ging schief. Anne Möllinger stürzte sogar auf die Bahn. So richtig erklären konnte sich den Fehler zunächst keine der Sprinterinnen: „Eigentlich war es ein super Timing, ich weiß nicht, wieso es nicht gepasst hat. Ich habe einmal leicht daneben geschlagen, aber das ist eigentlich kein Problem. Verena ist nicht zu früh weggelaufen, es hätte klappen müssen. Ich habe mich so auf die Stabübergabe konzentriert, dass ich keine Ahnung habe, weshalb ich plötzlich auf dem Boden lag“, so eine enttäuschte Anne Möllinger.