Unbeschreibliche Stimmung an der Strecke und in der Schwarzwaldhalle /<br>Großes Lob von allen Seiten für den TV Unterharmersbach

  14.07.2008    BLV
Unterharmersbach (12.07.) – Das „Berglauf-Märchen Zell-Unterharmersbach“ erlebte am Wochenende mit der Austragung der 7. Berglauf Europameisterschaft den vorläufigen Höhepunkt einer unbeschreiblichen Erfolgsgeschichte. In nur wenigen Jahren hat sich das kleine Städtchen Zell zu einer festen Adresse im nationalen und internationalen Berglauf etabliert. Nach zwei deutschen Berglaufmeisterschaften, der Senioren-Welt- und Europameisterschaft sowie einem Wertungslauf im Grand-Prix, fand nun die Berglauf-Europameisterschaft in Zell am Harmersbach statt.

Es war die erste Berglauf-Europameisterschaft in Deutschland. Für die Macher des Brandenkopf-Berglaufs vom TV Unterharmersbach, mit Alfred Siegesmund und Ludwig Börsig an der Spitze, eine besondere Ehre. Mit dem Zuschlag für die EM wurde auch die hervorragende Organisation bei den bisherigen internationalen Meisterschaften und beim Grand-Prix gewürdigt. Aber neben der Ehre war es auch eine Herausforderung und nach den bislang tollen Veranstaltungen, die Veranstalter sind vor allem wegen der Perfektion und Liebe zum Detail bekannt, war der Erwartungsdruck auch besonders groß.

Aber das Team um Alfred Siegesmund mit den rund 200 Helfern hielt dem Erwartungsdruck stand und präsentierte eine Top-Europameisterschaft. Lob gab es von allen Seiten, ob Läufer, Trainer, Betreuer, Funktionäre. „Die beste Europameisterschaft die ich je erlebt habe. Es stimmte alles, nicht nur die Strecke, das ganze Drumherum war einmalig“, schwärmte DLV-Berglaufwart Wolfgang Münzel und Hansjörg Wirz, der Präsident des Europäischen Leichtathletikverbandes, ergänzte „Wir sind sehr glücklich über den Verlauf der Europameisterschaft. Der TV Unterharmersbach hat eine phantastische Europameisterschaft durchgeführt. Die Strecke war in einem Top-Zustand und die Reaktionen, die ich von Seiten der Läuferinnen und Läufer gehört habe, waren durchweg positiv. Es war eine europameisterschaftwürdige Strecke, und es hat sich gezeigt, dass eine internationale Meisterschaft nicht nur in den Alpen stattfinden muss“.

BLV Präsident  ranz Josef Eckstein konnte da nur zustimmen: „Der TV Unterharmersbach ist für den Badischen Leichtathletik-Verband zu einem Aushängeschild geworden. Es war eine tolle Veranstaltung, hier hat alles gestimmt, die Stimmung war einmalig. Aber all das entsprach unseren Erwartungen. Wir haben vom Verband her nie daran gezweifelt, dass die Unterharmersbacher eine tolle Veranstaltung auf die Beine stellen werden“. Schon fast peinlich berührt war Alfred Siegesmund von den Lobeshymnen. So klang sein Fazit doch recht bescheiden: „Wenn die Läuferinnen und Läufer zufrieden sind, das ist unser Anspruch, dann sind wir es auch“.

Bei der Frage, ob der TV Unterharmersbach nochmals eine weitere Herausforderung suche, hielt sich Siegesmund doch sehr bedeckt. Die eineinhalbjährige intensive Vorbereitung auf die EM war wohl noch zu präsent. Doch ob die Unterharmersbacher über Jahre hinweg es ohne eine internationale Top-Veranstaltung zu organisieren aushalten; da sind doch Zweifel erlaubt.
Die Europameisterschaft wurde turnusgemäß auf einem bergauf/bergab-führenden Rundkurs ausgetragen. Dreh- und Angelpunkt war der Zielbereich am Eckwaldpavillon am Fuße des Kuhhorns. Die Unterharmersbacher hatten noch eine Holzbrücke gebaut, um Kollisionen zu vermeiden. Die Läuferinnen und Läufer, mit Ausnahme der Juniorinnen, mussten über die Brücke und unter der Brücke durch. Für die Zuschauer optimal: Den Zielbereich passierten die Läufer pro Runde gleich zweimal, wenige hundert Meter weiter war eine weitere Schnittstelle für die Zuschauer, auch hier konnten sie pro Runde gleich zweimal die Läufer sehen und anfeuern. Wie auch immer man zu bergauf/bergab-Läufen steht, zuschauerfreundlich ist diese Form des Berglaufs allemal. Und die Läufer genießen die Stimmung - und die war in Unterharmersbach unbeschreiblich.

Etwa 1000 Zuschauer jubelten den rund 230 Läufern aus 26 Nationen zu; vor allem die türkischen und italienischen Fans feuerten ihre Idole frenetisch an. Die italienischen und türkischen Schlachtenbummler hatten auch allen Grund dazu: Die Stars aus der Türkei und Italien beherrschten die diesjährige Europameisterschaft.

Bei den Junioren konnten die türkischen Fans gleich einen dreifachen Triumph bejubeln. Es siegte über die 8,75 km (+566m/-476m) Hasan Pak (35:23 min) vor Alper Demir (35:58) und Emrah Akalin (36:09). Einen ausgezeichneten vierten Platz erkämpfte sich der Jugend-Vize Europameister René Stöckert (TSV Ostheim).
Bei den Frauen passierte, nach einem taktisch sehr klug eingeteilten Rennen, die Italienerin Elisa Desco nach 8,75 km (+566m/-476m) jubelnd die Ziellinie. Bei exakt 40 Minuten blieben die Uhren für sie stehen. „Ich bin überglücklich über meinen Sieg“, strahlte die 26-jährige Italienerin. Die Französin Constance Devillers kam auf Platz zwei vor der Britin Sarah Tunstall, die Eingangs der zweiten Runde noch vorne lag. Beste Deutsche war Birgit Unterberger (OSC Berlin) auf Platz 25.

Zum Abschluss stand die Männerkonkurrenz auf dem Programm. Sie mussten 12,85 km (+804m/-714m) laufen. Top-Favorit war der Italiener Marco de Gasperi. Er hat bislang alle internationalen Wettbewerbe auf bergauf/bergab-führenden Strecken gewonnen, fünfmal war er Weltmeister. Alles andere als ein Sieg des Italieners wäre im Vorfeld als Überraschung gewertet worden. Auf den ersten beiden Runden führte sein Landsmann, der erst 22-jährige Bernhard Dematteis, dahinter machte sich der türkische Titelverteidiger Ahmet Asslan auf die Verfolgung. Marco de Gasperi versuchte, zwischenzeitlich auf Rang drei vorgearbeitet, den Vorsprung nach vorne zu verkürzen. In der Schlussrunde spurtete aber nicht de Gasperi an die Spitze des Feldes, sondern unter dem Jubel seiner türkischen Fans lief Ahmet Asslan nach vorne, baute den Vorsprung noch aus und siegte in 50:01 min. Damit verteidigte er seinen Titel aus dem Vorjahr erfolgreich und sorgte für die Überraschung des Tages. „Für mich war es keine Überraschung. Ich war letztes Jahr schon Europameister und ich war mir hundertprozentig sicher, dass ich auch dieses Jahr Europameister werde. Ich glaube an mich, ich glaube an meine Leute, so bin ich auch gerannt. Ich habe ganz intensiv Abwärtslaufen trainiert und nun will ich Weltmeister werden“, sagte der von der Euphorie seiner Landsleute getragene Sieger selbstbewusst unmittelbar nachdem Rennen.

Marco de Gasperi kam auch nicht mehr an seinen jungen Landsmann heran und musste sich hinter Bernhard Dematteis mit Platz drei begnügen. Timo Zeiler belegte als bester Deutscher einen sehr guten elften Platz. Eine tolle Leistung in diesem Klassefeld. Nur etwas mehr als eine Minute trennte den Trochtelfinger vom Bronzemedaillengewinner Marco des Gasperi. Die beiden Badener Markus Jenne (USC Freiburg) und Josef Beha (FC Unterkirnach) belegten die Plätze 26 und 30. In der Teamwertung, die von den Italienern überlegen gewonnen wurde, bedeutete dies immerhin Platz sechs.

Den Abschluss bildete die Siegerehrung in der mit 800 Personen vollbesetzten Schwarzwaldhalle. Die unbeschreibliche Stimmung an der Strecke fand hier ihre Fortsetzung und auch hier waren es vor allem die türkischen und italienischen Fans, die für die Stimmung sorgten. Ein eindrucksvoller Abschluss für eine tolle Europameisterschaft.

Winfried Stinn