Siebler mit links zur U20-WM
  04.06.2018 •     BLV


Johanna Siebler vom Leichtathletik Club Überlingen (LC Überlingen) qualifizierte sich am Wochenende in Bernhausen für die U20-WM. Aufgrund einer Verletzung an ihrem rechten Sprungbein sprang sie mit links einen erfolgreichen Hochsprung-Wettkampf.

Johanna Siebler vom LC Überlingen hat in dieser Saison ein ganz großes Ziel: Sie möchte bei der U20-Weltmeisterschaft im finnischen Tampere starten. Dazu benötigt sie zunächst die Qualifikation. Den ersten Teil, die nötige Punktzahl (5400 Punkte) in einem Wettkampf, hat sie bereits Anfang Mai in Halle (Saale) mit 5411 Punkten erfolgreich absolviert. Am Wochenende fand in Filderstadt-Bernhausen nun das internationale Mehrkampf-Meeting zusammen mit den baden-württembergischen Mehrkampf-Meisterschaften statt. Dort war die Vorgabe, unter die ersten beiden Plätze zu kommen.

Die Voraussetzungen dazu waren aber alles andere als gut, denn vor drei Wochen verletzte sich die 18-Jährige im Schulsport am rechten Fußgelenk an den Bändern. Da dies ihr Sprungbein ist, ging sie mit einem enormen Nachteil in den Wettkampf. Allerdings wurde sie von einem zwölfköpfigen Fanclub begleitet, der ihr an beiden Tagen lautstark den Rücken stärkte und so den physischen Nachteil wieder wettmachen sollte.

Mit links den Hochsprung gemeistert

Gleich zu Beginn blieb sie in den Hürden mit 14,86 Sekunden zwar deutlich unter ihrer Bestzeit, doch der Plan war, mit etwa 15 Sekunden in den Wettkampf zu starten. Somit erfüllte sie diese Vorgabe klar. Der Hochsprung ist in der Regel ihre Zitterdisziplin. Hier galt es, nicht zu viel Boden zu verlieren. Zwei Wochen lang trainierte sie den Absprung mit links. „Ich versuchte es noch mit rechts, aber es ging einfach nicht“, sagte Johanna Siebler nach dem Wettkampf. „Trotzdem war ich selbst überrascht, dass ich doch 1,56 Meter geschafft habe.“ Die Konkurrenz konnte sich kaum einen Vorsprung verschaffen.

Kugelstoßen gewonnen

Im Kugelstoßen zeigte die Überlingerin dann ihr Kämpferherz. In den ersten beiden Versuchen blieb sie deutlich unter ihren Möglichkeiten. Doch im dritten Anlauf schaffte sie dann doch noch 13,42 Meter, was die Bestweite im Teilnehmerfeld bedeutete, obwohl sie auch hier die Kugel nicht voll traf. Damit lag sie zwischenzeitlich auf Rang vier. Der abschließende 200-Meter-Lauf war mit 26,55 Sekunden nicht gerade gut, doch für die Verletzung gut genug, um auf dem siebten Platz in den zweiten Tag zu starten, an dem sie regelmäßig noch viel Boden gut macht.

Weitsprung gewonnen

Und so kam es auch. Gleich im ersten Versuch sprang Johanna Siebler 5,70 Meter weit und legte den Grundstein zur Aufholjagd. Mit ihrer Paradedisziplin Speerwurf legte sie dann eindrucksvoll nach, denn mit 43,29 Meter lag sie plötzlich auf dem zweiten Platz. Da die Führende Mathilde Rey aus der Schweiz kam, lag sie Nationen bereinigt sogar auf Platz eins. Das war eine perfekte Ausgangssituation für den abschließenden 800-Meter-Lauf, in dem sie sich komplett an der Konkurrenz orientieren konnte. 2:30 Minuten reichten locker, im Gesamtergebnis den zweiten Platz mit 5237 Punkten unter den deutschen Teilnehmerinnen zu sichern. Dadurch hat Johanna Siebler auch den zweiten Teil der WM-Norm geschafft. Gleichzeitig wurde sie damit auch baden-württembergische Mehrkampfmeisterin im Vier- und im Sieben-Kampf.

„Die Verletzung war schon nicht ohne“, sagte sie nach dem Siebenkampf. „Ich hätte nicht gedacht, dass sich das so krass im Sprint auswirkt.“ Dennoch startete sie nach dem Motto „Alles geben und schauen, was rauskommt“. Außerdem sei ihr zugutegekommen, dass die Konkurrenz ebenfalls nicht hundertprozentig fit war. „Wichtig war die Platzierung und das hat geklappt“, sagte sie erleichternd.

Dritter internationaler Wettkampf in Folge

Obwohl Siebler zum jüngeren Jahrgang gehört, hat sie als einzige Deutsche die Norm zur WM im Siebenkampf erreicht – der Königsdisziplin in der Leichtathletik. „Johanna hat wieder einmal bewiesen, dass sie eine wahre Mehrkämpferin ist. Sie hat es wirklich verdient, zum dritten Mal in Folge auf einem internationalen Wettkampf zu starten“, zollte ihr Trainer Bernd Siebler nach dem Wettkampf seiner Tochter Anerkennung. 2017 wurde Siebler auf der U18 WM in Nairobi (Kenia) Vizeweltmeisterin und 2016 auf der U18 EM in Tiflis (Georgien) Sechste.

Die vorgegebene Norm ist nun geschafft. Allerdings hat der Deutsche Leichtathletik Verband (DLV) bereits geäußert, dass die Überlingerin trotz der erreichten Norm wegen ihrer Verletzung bis zu den Weltmeisterschaften in Finnland einen weiteren Leistungsnachweis erbringen solle. „Diesen kann ich allerdings in einer Einzeldisziplin nachweisen“, erklärt die 18-Jährige, die trotz der Fußverletzung zuversichtlich ist, dass sie Mitte Juli in Tampere für Deutschland fit und leistungsstark starten wird. Denn bis Tampere wird die Verletzung laut dem behandelnden Sportmediziner Doktor Schreiber komplett verheilt sein und der Trainingsrückstand war nicht gravierend.

Autoren: Reiner Jäckle und Bernd Siebler