Laudatio für Ralf Weber

  29.01.2024    BLV
Vergangene Woche wurde Ralf Weber, langjähriger Trainer von Malaika Mihambo, mit einem Sonderpreis bei der Trainerpreisverleihung des Landessportverbandes Baden-Württemberg ausgezeichnet. Aufgrund von Krankheit konnte BLV-Präsident Michael Schlicksupp nicht vor Ort sein — seine Laudatio lesen Sie daher nun hier.

Liebe Freundinnen und Freunde des Sports, liebe Förderer und Unterstützer, lieber Ralf!

Wenn mich vor drei Monaten jemand gebeten hätte eine Laudatio auf Ralf Weber zu halten, hätte ich das abgelehnt. Zu dieser Zeit kannte ich Ralf Weber nur als den Mann, der sich im Fernsehen bei großen internationalen Meisterschaften über den Tribünenrand beugt und Malaika Mihambo Hinweise für ihren nächsten Sprung gibt und ihr anschließend wieder einmal zu einem großen Erfolg gratuliert.

Persönlich begegnet sind wir uns bis dato tatsächlich nicht. Er ist zwar seit 1986, das heißt schon in sehr jungen Jahren, als Trainer im Jugendbereich tätig gewesen, aber zu der Zeit habe ich mich als Sportreporter nur mit der deutschen oder internationalen Spitzen-Leichtathletik beschäftigt. Viele Jahre später, als er schon der Erfolgs-Trainer von Malaika Mihambo war, habe ich als Trainer in einem kleinen Verein Kinder und Jugendliche trainiert. So sind wir uns tatsächlich nie begegnet

Bis zum Dezember des vergangenen Jahres.

Da hat der Badische Leichtathletik-Verband seine erfolgreichsten Nachwuchs-Trainer zu einem Workshop eingeladen. Wir hatten die Idee, sie mit Trainern ins Gespräch zu bringen, die erfolgreiche Athleten von ihren Anfängen bis in die Weltspitze betreut haben. Natürlich sind wir schnell auf Ralf Weber gekommen und zu meiner großen Überraschung hat er auch zugesagt. Zu diesem Zeitpunkt hatte er sich ja schon fast drei Jahre aus der aktiven Trainertätigkeit zurückgezogen.

Er hat dann an der Sportschule in Steinbach über drei Stunden erzählt. Von seinen Anfängen beim TSV Oftersheim. Wo er Kinder und Jugendliche betreut hat. Alle aus dem Ort oder der nahen Umgebung. Eine davon war Malaika, die mehr oder weniger um die Ecke bei ihm wohnt. Sie ist ihm schon früh aufgefallen. Aber da waren eine ganze Menge andere, die möglicherweise ähnlich talentiert waren.

Deshalb stand immer erst einmal die Gruppe im Vordergrund. Vielseitiges Training und Mehrkampf. Konsequenterweise war Malaika Mihambos erster Deutscher Meistertitel dann auch der Titel mit ihrer Siebenkampf-Mannschaft.

Irgendwann hat sich das dann alles zwangsläufig auf Malaika konzentriert. Als klar wurde, was für ein Ausnahmetalent sie ist. Man kann sich vorstellen, wie die Intensität und der Umfang der Trainertätigkeit dann immer weiter gewachsen ist.

Alles neben Familie und Lehrerberuf. Die meiste Zeit an der Erhard-Schott-Schule in Schwetzingen, später dann auch beim Regierungspräsidium in Karlsruhe. Abends immer Training. Dazwischen Trainingsplanung und Wettkampfplanung. Fahrten zu Wettkämpfen und in Trainingslager.

Unterstützung hat er sich selbst geholt. Alles um die Ecke. Für das Krafttraining bei seinem Vereinskollegen Werner Heger. Früher mal Deutscher Meister im Kugelstoßen, inzwischen über 80 Jahre alt. Und für den Sprint bei Valerij Bauer in Mannheim.

Unterstützung gab es dann später auch durch das Kultusministerium und den LSV, mit einer Reduzierung des Stundendeputats, als sogenannter Lehrertrainer. Der DLV konnte sich lange nicht für dieses Trainings-Modell begeistern. Im Gegenteil – nach einem Verletzungsjahr flog Malaika sogar aus dem Bundeskader. Und umgekehrt passten die Ideen des DLV, Trainingslager- und Trainingsplanung nicht immer zum Konzept von Ralf. Gott sei Dank ist er seinem Weg treu geblieben. Auch als man ihn als Heimtrainer nicht zu internationalen Meisterschaften mitnehmen wollte. Sein Trainingsaufbau hat jedenfalls immer auf den Punkt funktioniert. Zum Saisonhöhepunkt war die Leistung da.

Wie so oft kam die Einsicht oder vielleicht besser die Akzeptanz mit dem Erfolg: Nach etlichen deutschen Meistertiteln, internationalen Top-Platzierungen bei Europa- und Weltmeisterschaften und den Olympischen Spielen 2016. Nach dem Gewinn der Weltmeisterschaft 2019 in Doha und der bis heute stehenden Bestweite von 7,30 Metern war es dann genug.

Ralf hat seiner Familie Priorität eingeräumt und sich vom Leistungssport verabschiedet. Für viele überraschend, für ihn konsequent.

Auch das verdient Respekt. Wie Vieles, das er vorher gemacht hat.

Was ich aus der Geschichte von Ralf lerne, ist das:
Spitzentraining ist auch jenseits von Leistungszentren möglich
Spitzenathleten brauchen nicht zwingend einen Bundestrainer
Spitzenleistung gibt es nur mit hohem persönlichem Einsatz

Lieber Ralf, ich freue mich, dass du heute mit einem „Spezialpreis“ geehrt wirst – und nicht mit dem Preis für dein „Lebenswerk“. Dafür bist du zu jung. Denn insgeheim habe ich natürlich die Hoffnung, dich in irgendeiner Form oder Funktion der Leichtathletik erhalten zu können.

>> Zur News-Meldung „Sonderpreis des LSV BW für Ralf Weber“ vom 24. Januar 2024

erstellt von Michael Schlicksupp / blv