Last-Minute-Triumph von Mihambo beim ISTAF Indoor in Düsseldorf
  30.01.2023 •     BLV


Weitsprung-Weltmeisterin Malaika Mihambo hat sich am Sonntag beim ISTAF Indoor den besten Sprung bis zum Ende des Wettkampfes aufgespart: Nach fünf missglückten Versuchen sicherte sie sich doch noch mit 6,83 Metern den Sieg. Gina Lückenkemper verfehlte einen zweiten deutschen Triumph nur um einen Wimpernschlag.

Auf einen deutschen Sieg mussten die Zuschauer im PSD Bank Dome von Düsseldorf lange warten: Während der ersten fünf Durchgänge des Weitsprung-Wettbewerbes hatte Weltmeisterin Malaika Mihambo (LG Kurpfalz) mit Anlaufproblemen zu kämpfen gehabt. Auf 6,21 Meter mit viel Luft am Brett folgten drei ungültige Sprünge und ein missglückter Versuch auf 5,25 Meter. Erst in der letzten Runde passte alles zusammen und Deutschlands "Leichtathletin des Jahres" landete nach 6,83 Metern im Sand. Nur vier Zentimeter fehlten zur Weltjahresbestleistung von Ruth Osoro aus Nigeria.

Mihambo verdrängte damit die EM-Dritte aus Großbritannien Jazmin Sawyers (6,50 m) auf Platz zwei. Das Podium komplettierte Milica Gardasevic aus Serbien mit 6,43 Metern. Die Deutsche Vizemeisterin Maryse Luzolo vom Königsteiner LV erreichte zwei Tage, nachdem sie sich in Karlsruhe auf 6,62 Meter gesteigert hatte, diesmal mit 6,34 Metern den fünften Platz. Mit 6,10 und 6,02 Metern gehörten auch die Deutsche U23-Meisterin Nicola Kondziella (TV Wattenscheid 01) und die Deutsche Vizemeisterin im Hochsprung Lea Halmans (SV GO! Saar 05) zum Starterinnenfeld.

"Es ging heute darum, wieder Anlaufgefühl zu entwickeln", meinte Mihambo. "Das ist wichtiger als die Weite. Die Atmosphäre heute hat mir sehr viel Spaß gemacht, auch wenn es mir leid tat, dass ich nicht bei jedem Sprung das Brett getroffen habe und dem tollen Publikum gültige, weite Versuche geschenkt habe. Trotzdem war die Stimmung da und das Publikum hat bis zuletzt an mich geglaubt, beim letzten Sprung gab's den meisten Applaus. Es hat sich gelohnt, den Glauben nicht zu verlieren." Bevor das ISTAF Indoor am 10. Februar in Berlin Station macht, wird sie noch einen 60-Meter-Wettkampf bestreiten.

Gina Lückenkemper im Tausendstel-Krimi

Um ein Haar hätte kurz zuvor bereits Gina Lückenkemper (SCC Berlin) den deutschen Leichtathletinnen und Leichtathleten den ersten Sieg in Düsseldorf beschert. Auf den letzten Metern des 60-Meter-Finales hatte sie zur führenden Ewa Swoboda (Polen) aufgeschlossen. Die Zielfoto-Auswertung ergab einen Vorsprung von zwei Tausendstelsekunden für die Hallen-Europameisterin von 2019, beide Sprinterinnen erzielten 7,18 Sekunden.

"Die Stimmung war der absolute Wahnsinn!", jubelte Lückenkemper. "Ich hätte ehrlich gesagt nicht mit solchen Zeiten gerechnet. Ich wäre mit allem unter 7,30 Sekunden zufrieden gewesen." Die 100-Meter-Europameisterin stellte zudem fest: "Es ist das erste Mal, dass so ein knapper Fotoentscheid nicht zu meinen Gunsten ausgeht. Aber das ist okay."

Burghardt mit Hallen-EM-Norm

Lückenkemper hatte bereits im Vorlauf mit 7,19 Sekunden die Hallen-EM-Norm (7,24 sec) für Istanbul (Türkei; 2. bis 5. März) unterboten, im Finale gelang das auch Alexandra Burghardt (LG Gendorf Wacker Burghausen) in 7,23 Sekunden. Sie wurde hinter Tristan Evelyn aus Barbados (7,21 sec), die einen Landesrekord bejubelte, Fünfte. "Ich bin tatsächlich sehr zufrieden mit dem Lauf. Ich hatte drei echt schwierige Läufe gehabt, bin mit einem Schritt sogar reingestolpert. Und es hat sehr gut getan, einfach gut durchzukommen", resümierte die Europameisterin mit der 4x100-Meter-Staffel. "Die Hallen-EM-Norm abzuhaken war erst mal das Wichtigste."

Bei den Männern besiegte der Bronzemedaillengewinner der EM über 100 Meter Jeremiah Azu (Großbritannien) in 6,60 Sekunden ein deutsches Trio, bestehend aus den zeitgleichen Owen Ansah (Hamburger SV) und Julian Wagner (LC Top Team Thüringen; beide 6,65 sec) sowie Yannick Wolf (LG Stadtwerke München; 6,66 sec).

Im Vorlauf war Wagner in 6,59 Sekunden bis auf eine Hundertstel an seine Bestleistung herangesprintet und hatte damit ebenfalls den Richtwert für die Hallen-EM (6,63 sec) geknackt. "Ich bin sehr zufrieden. Am Start muss ich noch viel arbeiten, der fliegende Bereich ist meine Stärke", sagte Ansah. Auch Julian Wagner war positiv gestimmt. "Ich komme aus dem vollen Training und bin im Vorlauf 6,59 Sekunden gelaufen. Insgesamt waren es zwei schöne Läufe", meinte er.

Hürden-Finals in polnischer Hand

Eines der großen Highlights des ISTAF Indoors fand ohne deutsche Beteiligung statt: 100-Meter-Hürden-Europameisterin Pia Skrzysowska aus Polen brannte in 7,84 Sekunden eine eingestellte Weltjahresbestzeit über 60 Meter Hürden auf die Bahn. Zwei Hundertstel dahinter glänzte die Finnin Reeta Hurske mit Landesrekord. Alaysha Johnson aus den USA, als alleinige Weltjahresschnellste angereist, belegte in 7,88 Sekunden Rang drei, fünf der sechs Finalistinnen blieben unter acht Sekunden. Die deutschen Teilnehmerinnen waren nicht über den Vorlauf hinausgekommen, die beste Zeit gelang mit 8,24 Sekunden Ricarda Lobe (MTG Mannheim), die nach längerer Verletzungspause nun wieder angreifen möchte.

"Ich hoffe, bei meinem nächsten Rennen unter 7,80 zu laufen. Dass Jakub gewonnen hat, hat mich extrem motiviert. Ich habe den Lauf vor meinem Rennen gesehen und dachte mir, daraus machen wir ein polnisches Doppel", sagte Skrzysowska. Zuvor hatte Jakub Szymanski (7,63 sec) das Rennen der Männer für sich entschieden. Es folgten Eric Edwards (USA; 7,64 sec) und Just Kwaou-Mathey (Frankreich; 7,66 sec).

Für den deutschen Vertreter Gregory Minoue (TV Angermund) war der Einzug ins Finale in Bestzeit von 7,79 Sekunden ein großer Erfolg, auch wenn im Endlauf mit 8,04 Sekunden nicht mehr alles zusammenpassen sollte. "Ich habe das Heimspiel sehr genossen. Es war verrückt, so etwas habe ich noch nie erlebt!", freute sich der 20-Jährige.

KC Lightfoot sorgt für Raunen

Das "Familientreffen" der Stabhochspringer, von denen viele bereits am Freitag in Karlsruhe am Start gewesen waren, endete mit demselben Sieger wie zwei Tage zuvor: KC Lightfoot aus den USA schwang sich als Einziger über 5,76 Meter und versuchte sich anschließend an 5,85 Metern. Nach seinem ersten Versuch hatten die Zuschauer bereits den Jubelschrei auf den Lippen, doch der US-Amerikaner hatte die Latte leicht touchiert, sodass sie doch noch fiel. "Ich würde gerne weiterhin Höhen im Bereich von 5,80 und 5,90 Metern springen", blickte Lightfoot voraus.

Unter den vier ersten Verfolgern des Siegers, die alle 5,70 Meter meisterten, waren neben dem früheren Weltmeister Sam Kendricks (USA) und dem EM-Dritten von München Pal Haugen Lillefosse aus Norwegen auch die beiden Deutschen Torben Blech (TSV Bayer 04 Leverkusen) und Gillian Ladwig (Schweriner SC). "Das Niveau ist gut, heute haben nur zwei, drei Schritte Schnelligkeit gefehlt", analysierte Blech. Für Vize-Europameister Bo Kanda Lita Baehre (TSV Bayer 04 Leverkusen) blieb es diesmal bei 5,45 Metern, was Rang sieben bedeutete. "Das war mein Heimspiel, es ärgert mich schon, denn vor heimischem Publikum will man einfach noch mehr rauskitzeln", sagte er.

>> Zum Original-Artikel von Svenja Sapper auf leichtathletik.de