Keine WM-Medaille – aber Triumpf in der Diamond-League
  13.09.2011 •     BLV


Es hat wieder nicht sollen sein – die Tage der WM in Daegu brachten für Speerwerferin Christina Obergföll die größte Enttäuschung des Jahres. Nach ihren Medaillen in Silber und Bronze bei den großen internationalen Meisterschaften der vergangenen Jahre, blieb sie dieses Mal gänzlich ohne Edelmetall.

Dabei hatte während der Saison und auch noch in der Qualifikation alles für die Offenburgerin gepasst. So gut wie nie startete sie in Südkorea in den Wettkampf. Als Christina ihren ersten Speer in den Himmel über Daegu jagte, sollte die 61m-Marke der Quali-Weite keine Rolle spielen. Erst weit dahinter kam das Wurfgerät runter, bei 68,76 m. Viel weiter hatte die deutsche Meisterin in diesem Jahr noch nicht geworfen. Die Favoritenposition war ihr aber gar nicht so lieb. „64 Meter hätten auch gereicht“, so die Offenburgerin nach der Quali.
Und sie sollte recht behalten. Einen Tag später blieb ihr im Speerwurf-Finale nur der undankbare vierte Platz. Mit 65,24 m musste sie ihren zur Hochform auflaufenden Gegnerinnen die Medaillen überlassen. Gold holte sich die Russin Mariya Abakumova (71,99 m) vor der Tschechin Barbora Spotakova (71,58 m). Zum Schluss zog auch noch die Südafrikanerin Sunette Viljoen an der Offenburgerin vorbei. Die Universiade-Siegerin steigerte ihren Afrikarekord auf 68,38 m.
Christina blieb nur noch, Trost bei ihrem Lebensgefährten Boris Henry zu suchen. „Ich war in super Form. Ich hätte mitwerfen können. Ich hab’s verbockt. Ich weiß nicht warum. Ich hatte mich sensationell eingeworfen. Ich habe mich super gefühlt. Mit dem ersten Versuch war mir, als wie wenn mir einer den Stecker zieht. Weg war ich. Ich war teilweise gar nicht mehr im Stadion. Es ging alles so an mir vorbei. Ich habe dieses Jahr so viele gute Wettkämpfe gemacht und war mental stark. Ich hatte mir alles zugetraut. Ich hätte schwören können, dass ich hier heute eine neue Bestleistung werfe. Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Ich habe dafür keine Worte“, so eine enttäuschte Christina Obergföll.

Mit Wut zum Sieg in Zürich

Nur knapp eine Woche nach der großen WM-Enttäuschung hat Christina Obergföll dann beim Diamond League-Meeting in Zürich (Schweiz) wieder ein Ausrufezeichen gesetzt. Mit einem neuen Meetingrekord und einer Saisonbestleistung von 69,57 m verarbeitete die Offenburger Speerwerferin die „Blechmedaille“ von Südkorea.
Bereits vor dem Meeting in Zürich lag Christina in der Speerwurf-Wertung der Diamond-League uneinholbar vorne. Der Start im Letzigrund war somit eigentlich nur noch eine Formalität gewesen. Doch die Vize-Europameisterin war nach Platz vier auf Wiedergutmachung aus. Und das gelang. Sie diktierte die Konkurrenz. Über 68,95 m aus dem zweiten Versuch verbesserte sie ihren eigenen Meetingrekord und ihre Saisonbestleistung im fünften Durchgang gleich noch einmal auf 69,57 m. Es war der beste Wettkampf der 30-Jährigen seit drei Jahren. Am Ende gewann sie deutlich vor Sunette Viljoen aus Südafrika (67,46) und Weltmeisterin Maria Abakumova (64,48).
Mit Sieg- und Bonusprämien kam sie auf insgesamt 60.000 US-Dollar (43.150 Euro). Mit ihren ersten und zweiten Plätzen in der gesamten Diamond League kamen alleine 102.000 US-Dollar (73.360 Euro) zusammen. „Ich habe mein Ziel bei der WM nicht erreicht, so war der Gewinn in der Diamond League sehr wichtig für mich“, sagte Christina Obergföll, die aber der verpassten WM-Chance hinterher trauerte: „Es ist ein kleiner Titel, aber nicht die große Goldmedaille. Es ging überhaupt nicht ums Geld, auch die ganze Saison über nicht. Das war total unwichtig. Es geht darum weit zu werfen und Spaß zu haben. Da denkt man erst sekundär ans Geld. Natürlich ist das ein schöner Nebeneffekt. Aber es wiegt nicht auf, was ich die Woche davor verloren habe.“

Sieg auch in Elstal

Einen Tag nach ihrer Saisonbestmarke beim Sieg über die WM-Medaillengewinnerinnen in Zürich lag Speerwerferin Christina bei den DKB-Duellen im Historischen Dorf in Elstal bei Berlin erneut vorne. Mit 65,01 m gewann die 30-Jährige vor Russlands Weltmeisterin Mariya Abakumova (63,99 m). „Ich habe hier zum zweiten Mal gewonnen, Elstal liegt mir eben“, meinte Christina Obergföll. „Es war zwar stressig, der Flug von Zürich, dann waren wir eine Stunde im Hotel, und dann in Elstal die nicht gerade optimalen Witterungsbedingungen. Aber ich habe wieder Spaß am Speerwurf, der ist mir nach Daegu nur drei Tage abhanden gekommen.“
Beim ISTAF in Berlin musste sich Christina dann am Sonntag der Weltrekordlerin Barbora Spotakova (Tschechische Republik, 67,14 m) im Olympiastadion geschlagen geben. Mit 64,95 m blieb für die WM-Vierte immerhin der zweite Platz. Trotzdem ließ sich die deutsche Meisterin gemeinsam mit Barbora Spotakova auf einer Ehrenrunde von den Zuschauern feiern.

Ralf Wohlmannstetter