Flache Strecke im Schwarzwald – der Wind, nicht die Berge bremsen die Läufer
  18.06.2012 •     BLV


Bräunlingen (09. 06.) – Halbmarathon in Bräunlingen auf hügeliger Strecke als Rahmenwettbewerb des legendären Schwarzwaldmarathons? Weit gefehlt! Im Rahmen der Heimattage gab es am 9. Juni auf flacher Strecke ein Debüt, gleich mit der Austragung der Baden-Württembergischen Halbmarathonmeisterschaften verknüpft und mit einem Straßenvolkslauf über 10,8 Kilometer sowie einem Schülerlauf über zwei Kilometer garniert.

Wer den legendären Waldrundkurs der Oktoberveranstaltung kennt, wunderte sich sicher, dass im Umkreis von Donaueschingen auch flach gelaufen werden kann. Dafür musste die LSG Schwarzwald-Marathon e. V. als Ausrichter auch erheblichen Aufwand treiben. Die Landesstraße L 181 wurde auf einer Länge von etwa fünf Kilometern für mehrere Stunden komplett für den Verkehr gesperrt.
Start und Ziel war am Rathaus von Bräunlingen. Erst wurde eine etwa 600 Meter lange Schleife durch das Zähringerörtchen gelaufen. Durch das historische Mühlentor wurde die Stadt verlassen und nach der einzigen minimalen Welle die L 181 erreicht. Auf der rechten Straßenseite erschien bald darauf Kilometer 1. Die gesamte Strecke bis zum Wendepunkt vor dem Kreisverkehr beim Ortseingang Hüfingen, kurz vor Kilometer 3, war durch Leitkegel in der Straßenmitte geteilt.
Nun begann der schwierigste Teil des Kurses. Zwar waren von Hüfingen bis Bruggen keine 20 Höhenmeter zu überwinden, ein kräftiger Gegenwind übernahm jedoch die Rolle der fehlenden Berge und drosselte das Tempo ungemein. Vorbei an der beidseitigen Verpflegungsstelle wurde Bräunlingen erneut erreicht und für die nächsten 3 Kilometer gehörte die gesamte Landesstraße den Sportlern.
Landschaftlich beeindruckend, erst an der Breg entlang, später etwas abseits des Flüsschens („Brigach und Breg bringen die Donau zuweg“) wurde Bruggen erreicht. Nach einer Schleife im Linksbogen nahmen die Läufer einen romantischen, gut asphaltierten Radweg, der zurück nach Bräunlingen führte. Vorbei an Oberriedern, wo sich der Kurs, nur durch Absperrbänder getrennt, kurz tangierte, ging es vor Kilometer 10 wieder in das Zentrum. Die Halbmarathonläufer mussten dann geradeaus durchs Stadttor auf ihre zweite Schleife.
Schon bei der Ankunft in Bräunlingen fiel auf, dass jede Menge Parkplätze frei waren, die Stadthalle, beim Marathon sonst der Dreh- und Angelpunkt, heute verschlossen blieb, der Startbereich ohne die gewohnten Menschenmassen frei passierbar war und beim Kuchenstand keine Schlangen standen. Was einerseits als wohltuende fast „spätsommerliche“ Atmosphäre äußerst positiv auf den Beobachter wirkte, hatte auch seine deutliche Schattenseite. Der Rahmenwettbewerb, der Volkslauf über 10,8 km, brachte gerade einmal 75 Teilnehmer auf die Beine und auch die im Ziel gelisteten 239 Halbmarathonläufer, darunter nur 140 Meisterschaftsteilnehmer, rechtfertigten den hohen Aufwand kaum.
Für die Meldezahlen können die rührigen LSGler wenig. Ihnen kann man bescheinigen, dass sie alles bestens organisiert hatten. Durch die angenehmen Temperaturen wurde die zu frühe Sommerstartzeit 17.30 Uhr glücklicherweise nicht zu einem Problem. Auf der weitgehend schattenlosen Runde blieb somit zwar die gefürchtete Hitzeschlacht aus, dem kräftezehrenden Gegenwind dürfte je nach Leistungsstärke ein Verlust von zwei bis fünf Minuten aber geschuldet sein.
Wie bei Meisterschaften leider oft üblich, musste der Veranstaltungssprecher die gut 300 Teilnehmer minutenlang auffordern, hinter die Startlinie zurückzutreten. Das Feld setzte sich dann problemlos in Bewegung. Im Meisterschaftsrennen wurde guter Sport geboten. Mit Holger Freudenberger (TSG Heilbronn) und Simone Maissenbacher (LSG Karlsruhe) gewannen zwei Athleten, die sich über Jahre hinaus in der baden-württembergischen Szene an vorderster Front behaupten konnten. Die beiden standen auch 2010 schon als „Siegerpaar“ bei der BaWü-Meisterschaft über zehn Kilometer in Bruchhausen auf dem Treppchen.
Schade, dass beide unterwegs nicht mehr gefordert wurden, besonders der Heilbronner bedauerte die fehlende ebenbürtige Konkurrenz. Der „Soloritt“ gegen den Wind war kraftraubend und die Zeit angesichts des gewaltigen Vorsprungs mit 1:10:49 Std schon bemerkenswert. Immerhin war er damit schneller als bei seinem fast ebenso deutlichen Vorjahreserfolg (1:11:43) in Rot. Etwas leichter hatte es da die Karlsruherin, die unterwegs doch hin und wieder eine „männliche Brust“ als Windschutz finden konnte und mit 1:22:47 Std mehr als drei Minuten Vorsprung herauslief.
Nach der kleinen Dorfrunde hatten sich Peter Keinath, Michael Leibfahrt (beide SV Ohmenhausen) und der spätere Sieger schon leicht abgesetzt. Im Gegenwind nach der Wende konnte sich Johannes Weingärtner (TSG Schwäbisch Hall) dem Trio noch anschließen. Markus Ruopp musste hier alleine gegen dem Wind viel Kraft aufbieten, die ihm am Ende etwas fehlte. Immerhin gewann er mit seinen Kameraden den Mannschaftstitel für den SV Ohmenhausen. Simone Maissenbacher war hier dem Frauenfeld schon weit enteilt, Elke Brenner (LG Neckar-Enz) lag 50m vor Anja Maurer (TF Feuerbach). Silke Fritz (LSG Aalen) lag an vierter Position.
Vor Kilometer 9 konnte sich Freudenberger von Keinath und Weingärtner leicht absetzen, Ruopp lag nur noch fünf Meter hinter seinem Teamgefährten Leibfahrt. Günter Seibold führte nun die „4 Gelben“ an, er war einst immer in der württembergischen Spitzenklasse zu finden und hat auch als M45er noch viel Potential. Dahinter hatten sich einige kompakte Verfolgergruppen gebildet, die Führende der Frauen war wieder solo unterwegs. Mit Abstand folgten Brenner und dicht auf ihren Fersen Maurer.
Holger Freudenberger erreichte Kilometer 15 schon mit einem Vorsprung von 300m. Seine Verfolger hatten weitere 100m Distanz zu Leibfahrt. Zehn Meter dahinter setzten die beiden Feuerbacher zur Attacke auf Ruopp an. Zwei Kilometer vor dem Ziel hatte sich Peter Keinath (1. M30) auf Position zwei absetzen können und lief in 1:12:50 Std vor JohannesWeingärtner (1:13:19) ins Ziel. Die beiden Gelbhemden Benoit Charles-Mangeon (1:13:31) und Fabian Schneckenburger (1:13:33) krönten ihre Aufholjagd mit Rang vier und fünf und der Mannschaftsvizemeisterschaft für den TF Feuerbach zusammen mit Thomas Bauer (1:17:33 – 1. M50).
Kurz vor Bräunlingen konnte sich Anja Maurer (1:25:48) leicht von Elke Brenner absetzen, die mit überragenden 1:26:04 Std die W50 dominierte. Als schnellste Juniorin folgte auf Rang vier Silke Fritz (1:29:39), dahinter liefen Christina Woltmann (TSG Schwäbisch Hall; 1:32:52 - 1. W40), Carol DeVack-Reichel (LG Baar; 1:34:40 – 2. W50), Kathrin Willmek (TSG Heilbronn; 1:35:48), und Barbara Blümmel (SV Kirchzarten; 1:36:10 – 2. W35). Dank eines ausgeglichenen Teams wurde die Unterländer LG Mannschaftsmeister vor dem TF Feuerbach.
Seit diesem Jahr kann man baden-württembergische Meisterschaften nur mehr online melden. Das ist ein echter Fortschritt und dank ladv.de auch großartig gelöst. Leider wurde das tolle Meldeprogramm bei diesen Meisterschaften nicht in seinem Sinne angewendet. Bei einer gemeinsamen baden-württembergischen Meisterschaft sollte es nur ein Meldeportal geben und alle Meldungen sollten grundsätzlich öffentlich sein. Baden war einsehbar, Württemberg hatte die Öffentlichkeit durchgestrichen. Das Argument der Manipulation der Meldungen ist unbegründet. Fast jeder Volkslauf setzt heutzutage seine Meldeliste ins Netz und gibt den Sportlern damit die Gelegenheit der Datenkontrolle.
Vor Ort herrschte dann Ratlosigkeit unter den Sportlern. Es hingen zwei Listen mit gleicher Überschrift „Meldeliste Baden-Württembergische Meisterschaft Halbmarathon“ aus. Eine davon bezog sich in Wirklichkeit auf den Rahmenwettbewerb. Auch fehlte eine sonst übliche Sortierung nach Altersklassen bei der Meisterschaft. Solche Listen im Vorfeld aus dem Internet selbst ausdrucken zu können, ist derzeit Standard und sollte auch bei einer BW-Meisterschaft in Zukunft möglich sein.
Bei der Siegerehrung wurde fälschlicherweise eine Hauptklassenehrung vorgenommen statt einer Gesamtehrung inklusive Junioren und Senioren. Auch in der Ergebnisliste findet man die HK und vermisst die Junioren. Schade, dass bei der Siegerehrung, die Ergebnisse (Zeiten) nicht genannt wurden und ein paar passende Worte zu den jeweiligen Athleten hätten sicher motivierend gewirkt.
Klaus Banka und seinem Team waren diese kleinen Negativpunkte bewusst. Den Bräunlinger Organisatoren war dies nicht anzulasten. Sie haben ihre Sache sehr gut gemeistert. Die Strecke wäre sicher auch für eine Deutsche Meisterschaft im frühen April bestens geeignet. Bleibt zu hoffen, dass es im Oktober dann wieder das übliche Gedränge in und um die Bräunlinger Stadthalle gibt.

Alle Klassensieger im Überblick:
Männer:    Holger Freudenberger    TSG Heilbronn    1:10:49
Junioren:    Fabian Mayer    LG Region Karlsruhe     1:18:21
M30:    Peter Keinath    SV Ohmenhausen    1:12:50
M35:    Holger Freudenberger    TSG Heilbronn    1:10:49
M40:    Bernd Weis    SG Dettingen/Erms     1:17:58
M45:    Günter Seibold    TSV Crailsheim    1:15:18
M50:    Thomas Bauer    TF Feuerbach    1:17:33
M55:    Günther Lippold    LG Filder      1:23:35
M60:    Peter Beil    LSG Karlsruhe     1:25:34
M65:    Edmund Schlenker    VfL Ostelsheim     1:29:11
M70:    Siegfried Reichert    TSV Talheim     1:37:53
M75:    Heiner Killi    LAG Obere Murg     1:50:13
Frauen:    Simone Maissenbacher    LSG Karlsruhe    1:22:47
Jun’innen:    Silke Fritz    LSG Aalen    1:29:39
W35:    Simone Maissenbacher    LSG Karlsruhe    1:22:47
W40:    Christian Woltmann    TSG Schwäbisch Hall    1:32:52
W45:    Christa Bewersdorff    TF Feuerbach     1:48:42
W50:    Elke Brenner    LG Neckar-Enz    1:26:04
W55:    Margot Mößner    LG Steinlach     1:41:12
W60:    Ingrid Zacharias    SV Waldkirch     1:46:34

Günter Krehl