Drei Titel durch badische Frauen-Power: Nytra, Sailer und Obergföll setzen Ausrufezeichen
  18.06.2012 •     BLV


Wattenscheid (16./17.06.) – Drei Titel mit drei erstklassigen Leistungen, die zumindest auch bei den Europameisterschaften in Helsinki Medaillenchancen eröffnen, gab es für die badischen Athletinnen im Wattenscheider Lohrheide-Stadion. Neben dem 100m-Sieg durch Verena Sailer, dem Hürdentitel durch Carolyn Nytra und dem Speerwurferfolg durch Christina Obergföll ragte vor allem die Diskusleistung der Jugendlichen Shanice Craft heraus, die mit fast 63 Metern knapp an einer Medaille vorbei warf, aber erstmals die Olympianorm erreichte.

Badische Sprinterfolge im Doppel

Es war fast ein badischer Tag der Auftakt der Deutschen Meisterschaften am Samstag im Lohrheide-Stadion in Wattenscheid. Vor nahezu ausverkauftem Haus gewannen die Athleten in badischen Farben zwei Titel und gleich drei weitere Vizemeisterschaften und zwei Bronzemedaillen. Stars des Nachmittags waren dabei wieder einmal die beiden badischen Sprinterinnen Verena Sailer und Carolyn Nytra (beide MTG Mannheim). Beide kamen sie nach einem Verletzungsjahre zurück und übernahmen wieder die Regentschaft in ihren jeweiligen Disziplinen.
Europameisterin Verena Seiler hatte in ihrer Abwesenheit über die 100m plötzlich Konkurrenz bekommen. Sowohl sie als auch Tatjana Pinto hatten im Vorfeld 11,19 sec vorgelegt und damit die Einzelnorm für die olympischen Spiele in London erreicht. Beide waren sie auch die Favoritinnen auf den Titel. Entsprechend konzentriert ging Sailer die Meisterschaft auch an. Schon im Vorlauf legte sie gute 11,26 sec vor. Im Endlauf war sie dann voll fokussiert, kam für ihre Verhältnisse sehr gut aus den Blöcken und hielt die Konkurrenz knapp aber sicher mit 11,22 zu 11,26 sec in Schach. Bei kühlem Wetter unter 20 Grad wirkte sich dabei nur der recht kräftige Wind von 3 m/s leistungsfördernd aus. Hinter Pinto gab es für Baden und die MTG Mannheim dann noch einmal Grund zu jubeln: Anne Cibis (ehemals Möllinger) vervollständigte in für sie guten 11,41 sec das Treppchen.
Fast noch einen Tick stärker in Richtung Weltniveau präsentierte sich an diesem Nachmittag in Wattenscheid Carolin Nytra. Der Schützling von Trainer Rüdiger Harksen lief schon im Vorlauf mit 12,91 sec Olympianorm und war dann auch im Endlauf „top“ konzentriert. Eine Woche nach ihrem Freiluft-Comeback nach 22 Monaten gelang ihr die Bestätigung der Zeit aus Mannheim: Exakt wieder 12,74 sec zauberte sie – bei zulässigem Rückenwind von 1,7 m/s - auf die Bahn. Dabei zeigte sie über die Hürden eine technisch starke Leistung und konnte im Gegensatz zu den Hallenmeisterschaften, als sie sich an der vorletzten Hürde verletzte, bis zum Ende durchziehen. So war es dieses Mal ein klarer Sieg gegen die Leipzigerin Cindy Roleder, die in 12,91 ebenfalls überzeugte.
Nach drei Titeln in Folge hoffte der Offenburger Matthias Bühler, nachdem er die Olympianorm in diesem Jahr schon abgehakt hatte, natürlich auf die Titelverteidigung. Es wurde wieder einmal ein hochdramatisches Rennen über den Hürdenwald. Der zweifache deutsche Hallenmeister Georg Traber (LAV Tübingen) schien dabei bis kurz vor Schluss die Nase vorne zu haben. Nach einer kleiner Berührung an der vorletzten Hürde mit Alexander John trat das Top-Nachwuchstalent aber in die letzte Hürde und stürzte. So war der Weg frei für den Leipziger John, der sich dadurch überraschend und knapp (13,52 sec) vor Bühler behaupten konnte, der in 13,66 sec auf den Silberrang sprang.
Der Sprung auf den Silberrang gelang auch etwas überraschend wieder Julian Howard. Der Mannheimer im Trikot der LG Karlsruhe war schon in der heimischen Halle auf den zweiten Rang gekommen. Bei nicht gerade optimalen nasskalten Bedingungen war Julian Howard der einzige Athlet im gesamten Wettkampf, der im Rahmen seiner Bestleistung springen konnte. Früh legte er 7,81 m vor und blieb bis zum Ende im Wettkampf. Im letzten Versuch sprang er dann noch auf 7,82 m, trotzdem fehlten dem Schützling von Trainer Udo Metzler am Ende neun Zentimeter, um den Hallen-Europarekordler Sebastian Bayer (Hamburger SV) zu bezwingen. Der in Mannheim trainierende Freund von Carolyn Nytra wurde so in Abwesenheit von Christian Reif (ABC Ludwigshafen) seiner alleinigen Favoritenstellung gerecht.
Eine weitere Medaille gab es gleich zum Auftakt für den BLV in der 4x100m-Staffel. Im nicht gerade glücklichen Austragungsmodus, diese Disziplin an den Anfang zu setzen und in Zeitläufen auszutragen, behaupteten sich die Mannheimer, ohne Sailer und Möllinger, auf dem zweiten Rang, hinter den Siegern aus Wattenscheid. In der Besetzung Nadine Gonska, Carina Frey, Johanna Kedzierski und Deborah Hufschmidt liefen sie gute 45,38 sec. Auf den achten Rang kam die LG Karlsruhe in 47,24 sec (Anna Lena Assel / Cornelia Moll / Jessica Schmütz / Larissa Kaufmann).
Einen dritten Platz gab es über die 5000m für Lisa Hahner. Die junge Athletin vom Verein RUN2SKY.com zeigte über die zwölfeinhalb Runden eine sehr couragierte Leistung und bildete lange mit Sabrina Mockenhaupt und Eleni Gebrehiwot ein Führungstrio. Als die beiden anderen dann ungefähr eine Runde vor Schluss den Spurt anzogen, konnte Lisa Hahner aber nicht mehr ganz mithalten, kam aber nicht nur aufs Treppchen, sondern erreichte in 15:49,83 min auch eine neue Bestleistung.
Eine sensationelle Leistung, die leider nicht mit einer Medaille belohnt wurde, lieferte das Super-Talent Shanice Craft ab. Die Werferin von der MTG Mannheim zeigte den besten Wettkampf ihrer Karriere und „topte“ gleich dreimal ihre persönliche Bestleistung und erzielte sogar gleich zweimal im Wettkampf die Olympianorm. Am Ende steigert sie sich auf beeindruckende 62,92 m. Es fehlten nur 29 Zentimeter auf Silber und 22 Zentimeter auf Bronze.
Die männliche Staffel der MTG Mannheim lief über die 4x100m mit Moritz Riekert, Patrick Domogala, Dennis Herdt und Fabian Manke-Reimers in 40,40 sec auf einen sehr ansprechenden fünften Rang.

Zweiter Tag: Ein Titel und eine Vizemeisterschaft zum Abschluss

Der zweite Tag hielt für die Athleten dann zwar sonnige und immer besser werdende Bedingungen vor, aber die Erfolgsserie der badische Athleten setzte sich nicht nahtlos fort. Immerhin gab es aber noch einmal Gold und Silber für den BLV zum Ende der Veranstaltung.
In einem hochklassigen Speerwurf-Wettbewerb auf europäischem Top-Niveau lieferten gleich drei Werferinnen erstklassige Leistungen im Lohrheide-Stadion. Am Ende ging der Titel dann an Christina Obergföll. Die Offenburgerin hatte schon im zweiten Versuch starke 65,86 m erzielt und hielt damit die Konkurrenz aus Leverkusen in Schach. Dabei kamen Europameisterin Linda Stahl und Katharina Molitor immer ein Stück näher heran und erzielten ebenfalls sehr starke 64,35 bzw. 63,20 m. Obergföll hätte aber auch mit ihrem zweitbesten Wurf von 65,05 m gewonnen und scheint für die kommenden Saisonhöhepunkte in Helsinki und London auf dem richtigen Weg. Ebenfalls der Sprung in das Finale gelang in diesem Wettkampf Gwendolyn Weber von der LG Region Karlsruhe. Sie wurde mit Saisonbestleistung von 53,50 m am Ende Achte.
Über die 200m der Frauen hatte Anne Cibis nach den Vorleistungen vielleicht mit dem ganz großen Ziel, dem Titelgewinn, geliebäugelt. Nach dem Vorlauf in dem sie in 24,07 sec ihr Rennen gewann, hatten sich aber andere in den Blickpunkt geschoben. Allen voran die Viertplatzierte über 100m Inna Weit (LC Paderborn), die in 23,19 sec Tagesbestzeit erzielt hatte. Im Endlauf wurde es dann aber sehr viel enger. Möllinger kam mit der späteren Meisterin gleichauf aus der Kurve und kämpfte bis kurz vor dem Ziel um den Titel, letztlich musste sie sich bei leichtem Gegenwind aber mit 23,73 zu 23,52 sec geschlagen geben.
Über die 400m Hürden hatte sich am ersten Tag der Deutschen Meisterschaften mit Quentin Seigel von der LG Offenburg ebenfalls ein Badener für den Endlauf qualifizieren können. Schon seine Zeit von 50,88 sec ließ dabei aufhorchen. Noch besser machte er es dann im Finale, als er in 50,43 sec eine weitere Steigerung lieferte und in einer der hochklassigsten Entscheidungen über diese Distanz der letzten Jahrzehnte den fünften Rang belegte.
Über die 1500m war mit Timo Benitz (TG Stockach) ebenfalls einem badischen Vertreter der Sprung in den Endlauf geglückt. Seinen guten 3:44,18 min aus dem Vorlauf ließ er dann in einem von Taktik und Spannung geprägten Finale 3:48,07 min folgen und schob sich damit auf den siebten Rang. Ebenfalls Platz sieben belegte die 4x400m-Frauenstaffel der LG Region Karlsruhe. Jessica Schmütz, Anna Lena Assel, Cornelia Moll und Larissa Kaufmann liefen 3:46,09 min.

Björn Maier