Deutsche Meisterschaften im Bahngehen in Bühlertal
  23.06.2014 •     BLV


Christopher Linke gewinnt Hitzeschlacht mit Fabel-Zeit / EM-Starter bestehen Schnelligkeitstest / Goldmedaillen für Antje Köhler, Sylvia Wälde und Alfons Schwarz

Bühlertal (21.06.) – Es wurde die angekündigte Demonstration deutscher Stärke im Männer-Bahngehen. Bei den Deutschen Meisterschaften der Bahngeher im Mittelbergstadion in Bühlertal präsentierten sich die vom Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) für die Europameisterschaften in Zürich (12. bis 17. August) nominierten Geher in beachtlicher Form. Am Ende setzte sich mit Christopher Linke (SC Potsdam) der erfahrenste der jungen Geher-Garde durch.

Als vor dem abschließenden 10000 Meter-Männer-Wettbewerb der Potsdamer Hagen Pohle am Mikrofon ankündigte „Wir wollen unter 40 Minuten gehen!“, ging ein Raunen durch die gut besetzten Zuschauerränge. Bei der Hitze im Mittelbergstadion war das eine fast unvorstellbare Zeit. Und es ging schnell los. Die drei Potsdamer Christopher Linke, Hagen Pohle, Nils Brembach und der Baden-Badener Carl Dohmann setzten sich sofort von den Konkurrenten ab und gingen mit schnellen Schritten auf die 25 Runden lange Strecke. Zuerst musste Brembach dem höllisch schnellen Tempo Tribut zollen und fiel zurück. Nach der Hälfte der Strecke konnte auch Carl Dohmann nicht mehr mithalten.“Es war definitiv zu schnell für mich“, so der SCL-Heel-Geher nach dem Rennen.

An der Spitze schien Christopher Linke immer schneller zu werden und setzte sich Meter um Meter von Hagen Pohle ab. Die Hitze schien dem 1,91 Meter großen Geher überhaupt nichts auszumachen. Klitschnass ging er nach 38:10 Minuten in die letzte Runde und schon da deutete sich eine großartige Zeit an. Im Ziel stand die Uhr dann bei 39:42,12 Minuten. Die zweitschnellste Zeit in der noch jungen Karriere des WM-Neunten und Olympiateilnehmers von London. Auch Hagen Pohle, der die U23-Wertung gewann, kratzte mit 40:06,23 Minuten an der magischen Grenze. „Wir wollten so lange wie möglich zusammen bleiben und uns in der Tempoarbeit abwechseln“, so Linke. „Das hat funktioniert. Und zum Schluss geht dann jeder für sich um den Sieg“, ergänzte Pohle.

„Ich bin nicht so ganz zufrieden“, haderte Carl Dohmann etwas mit dem Rennen. „Nach der ersten schnellen Hälfte bin ich etwas eingebrochen. Das hab ich so nicht erwartet.“ Trotzdem ging der Schützling des ehemaligen Weltklassegehers Robert Ihly in 41:18,21 Minuten Bestzeit und zeigte sich gut vorbereitet für die EM in Zürich. „Dort werde ich definitiv über 50 Kilometer antreten“, so Dohmann. Auch Bundestrainer Ron Weigel sieht Dohmann auf dem richtigen Weg. „Die Meisterschaften in Bühlertal sind eine willkommene Zwischenstation auf dem Weg nach Zürich und ein Test für die Schnelligkeit gewesen. Alle Jungs waren richtig gut drauf heute. Für Carl Dohmann, der sich auf die lange Strecke fokussiert, sind die zehn Kilometer noch mehr Sprint als für die anderen.“

Keine Chance vorne mitzugehen hatte der Youngster im Feld, Nathaniel Seiler im Trikot des ausrichtenden TV Bühlertal. Er wurde in 44:51,56 Minuten Dritter der Juniorenklasse. „Wir wussten, dass Nathaniel heute quasi allein gehen muss“, so Trainerin Ulrike Sander, „daher haben wir auch aus dem vollen Training heraus diese Meisterschaften mitgemacht. Die Zeit heute ist egal. Und die Farbe der Medaille war eigentlich auch von vornherein klar.“

Vor dem 10000 Meter-Höhepunkt hatte es bereits fünf andere Wettbewerbe über 5000 Meter Bahngehen gegeben. Und hier standen die Badener vielfach auf dem Treppchen. Im ersten Meisterschaftswettbewerb ging Antje Köhler vom Rastatter TV vom Start weg im Spitzen-Trio der Frauen über 50 Jahre. Die „Aufsteigerin des Jahres“, so der Stadionsprecher, verschärfte auf den letzten Runden das Tempo und konnte sich frühzeitig von den Konkurrentinnen absetzen. In glatten 31:00,00 Minuten holte sie sich nach der Halle auch im Freien den deutschen Meistertitel der Klasse W50. Zweite wurde Margot Ehrenberger (TV Bad Rappenau) in 31:16,56. Im letzten Wettbewerb über 5000 Meter der gemeinsam gestarteten Frauen und Jung-Seniorinnen sicherte sich Sylvia Wälde (TV Biberach) in 29:02,33 Minuten ebenfalls den Titel, und zwar in der Klasse W45. Dritte wurde hier ihre Vereinskameradin Katja Kastens in 30:24,12 Minuten. Die Goldmedaille gab es auch für Alfons Schwarz vom Ausrichter TV Bühlertal. Bei den Männern M60 ging er souverän nach 27:21,16 Minuten zum Sieg. Mit Silber ausgezeichnet wurde sein Vereinskamerad Klaus Dietsche, der als einer der Organisatoren eine Doppelfunktion meistern musste. Bei den M50-Männern musste er sich in 25:41,94 Minuten nur dem Vogtländer Stefan Werner (25:22,59) geschlagen geben. Vizemeisterin wurde auch Gisela Theunissen (TB Gaggenau). Die Altmeisterin startet in der Klasse W70 und erreichte 35:14,74 Minuten. Denis Franke (TV Bühlertal) holte eine weitere Silbermedaille. In der Klasse M45 ging er 24:55,14 Minuten und verwies Andreas Adam (TV Gernsbach) in 25:49,32 Minuten auf den Bronzeplatz. Marita Echle (TV Biberach) wurde bei den W55-Frauen in 31:09,86 Minuten Vizemeisterin hinter Ilona Kirchesch (LG Rhein-Wied; 31:07,99), die sie im Schlussspurt fünf Meter vor der Ziellinie noch abfing. Bei den Frauen setzte sich überraschend die erst 21-jährige Bianca Dittrich (LG Merseburg) in 23:57,78 Minuten gegen die favorisierte Bianca Schenker (LG Vogtland) in 24:06,62 Minuten durch.

Im Mittelpunkt des Interesses stand neben den aktiven Männern eine „Geher-Legende aus früheren Zeiten“, so Jürgen Brügel vom TV Bühlertal. Christoph Höhne aus Fürstenwalde, 1968 Olympiasieger über 50 Kilometer Gehen in Mexico-City und zweifacher Europameister, ging in der Altersklasse M70. „Ich trainiere seit 2012 wieder, mittlerweile wieder täglich, Gehen und Laufen“, so der 73-Jährige. „Und ich muss zugeben früher war es einfacher in der internationalen Spitze mitzugehen. Die Regeländerungen in den letzten 50 Jahren bringen vor allem für die älteren Geher mit der verlangten Kniestreckung Probleme. Aber ich freue mich, bei so einer tollen Veranstaltung dabei sein zu dürfen.“ Dem Lob schlossen sich auch die Vertreter des deutschen Geher-Teams, Bundestrainer Ron Weigel und die DLV-Offizielle Margit Jungmann an. „Glückwunsch und Dank an die Organisatoren“, so Ron Weigel, „wir bereuen es nicht auf dem Weg nach Zürich unser Trainingslager ein paar Tage nach hinten geschoben zu haben. Und Steffen Borsch aus Halle bedankte sich im Namen der Athleten bei den Zuschauern für die tolle Unterstützung und den anfeuernden Applaus, „der bei der unbarmherzigen Hitze viel geholfen hat“.

(rawo)