Deutsche Meisterschaften im 10km Straßenlauf in Bad Liebenzell: Marathonrekordler Arne Gabius und drei Rio Starter unter den 720 gemeldeten Athleten
  28.08.2017 •     BLV


Nach dem Meldeschluss für die Deutschen Straßenlaufmeisterschaften über 10 Kilometer in Bad Liebenzell am 3. September stehen 720 Athletinnen und Athleten in den Listen. An den integrierten Baden-Württembergischen Titelkämpfen nehmen 335 Sportler teil.

Prominentester Teilnehmer ist Arne Gabius (Therapie Reha Bottwartal), der deutsche Rekordhalter im Marathon. Der Hamburger war jahrelang für Tübingen an den Start gegangen, läuft nun nach einem Intermezzo in Hamburg, wieder für einen Verein im Ländle. Bei den Titelkämpfen vor zwei Jahren siegte er in der Kurstadt mit ausgezeichneten 28:44. Nach einer längeren Verletzungsphase ist er wieder in guter Form und geht als großer Favorit an den Start. Seine Straßenbestzeit liegt bei 28:07, auf der Bahn lief er sogar 27:43.

Wie ein Jahr später in Hamburg wurde Amal Petros (SV Brackwede) schon 2015 mit Bestzeit von 28:49 Zweiter vor Philipp Pflieger (LG TELIS FINANZ Regensburg), der 28:54 benötigte. Beide sind auch dieses Jahr am Start und ganz vorne zu erwarten. Der aus dem nahen Hildrizhausen stammende Pflieger konnte bei Olympia in Rio beim Hitzemarathon mit seiner kämpferischen Einstellung überzeugen. Mit Titelverteidiger Florian Orth haben die Regensburger ein ganz heißes Eisen im Feuer. Als er im Vorjahr als Gesamtachter des Alsterlaufes nach 28:58 selbst vom Zielsprecher unbeachtet das Ziel erreichte, war der neue deutsche Meister zu Recht enttäuscht. In Bad Liebenzell werden die Kommentatoren Sebastian Hess und Achim Seiter alle Spitzenathleten entsprechen würdigen und die Zuschauer jeden Sportler begeistert anfeuern.

Die Regensburger sind erster Anwärter auf den Mannschaftstitel, haben sie doch mit dem amtierenden 10.000 Meter Meister Simon Boch (29:13) und Jonas Koller (29:48) weitere Spitzenläufer am Start. Auch der in den USA studierende Timo Göhler (ART Düsseldorf) als Jahresbester mit 28:57, der für Rio qualifizierte, dann aber verletzungsbedingt zu Hause gebliebene Marathonläufer Hendrik Pfeiffer (TV Wattenscheid/29:16) und Tobias Blum (LC Rehlingen/29:32) sind Anwärter für vordere Plätze.

Bei den Frauen wird ein besonders spannendes Rennen erwartet. Die Sieganwärterinnen werden im zweiten Lauf zusammen mit den schnellsten Männern der Klasse M50 anfangs sicherlich eine kompakte Spitzengruppe bilden. Auch hier scheinen die Regensburgerinnen als Team unschlagbar. Der 2:27 Marathonläuferin Anja Scherrl (33:17), die in Rio als 44. und beste Deutsche eine herausragende kämpferische Leistung zeigte, darf man eine deutliche Steigerung auf der kurzen Strecke zutrauen. Als Anja Schneider lief sie vor zwei Jahren mit 33:58 auf Platz 6. Ihre Teamkameradinnen Maren Orth (33:14), bekannt unter dem Mädchennamen Kock und Corinna Harrer (33:13) waren im Mittelstreckenbereich schon international erfolgreich. Bei ihrer guten Grundschnelligkeit sind noch große Leistungsschübe auf den längeren Strecken zu erwarten. Eigentlich kann man das auch von Franziska Reng (33:53) erwarten, nach einer langen Verletzungspause aber sicher noch nicht in Bad Liebenzell. Eine große Zukunft dürfte auch die Jugendliche Mirjam Dattke (34:41) haben, die bisher auf kürzeren Distanzen internationale Erfolge eingeheimst hat. Mit Anna Hahner (33:24) geht eine prominente Athletin erstmals in Liebenzell an den Start. Sie nimmt das Rennen als Vorbereitung für ihren ersten Marathonstart nach Rio.

Bei den Halbmarathonmeisterschaften 2016 in Bad Liebenzell gingen die Plätze eins, zwei und vier an Athleten aus Äthiopien, Eritrea und der Ukraine. Seit diesem Jahr gilt, dass nur Athleten mit deutschem Pass auch nationale Meister werden können. Hätte dies schon 2016 in Hamburg gegolten, wäre Melina Tränkle (LG Regio Karlsruhe) in persönlicher Bestzeit von 34:14 nicht „nur“ Vizemeisterin geworden. Diese einmalige Chance in Bad Liebenzell erneut zu ergreifen scheint fast unmöglich, dafür sind ihr und den dritt- und viertplatzierten des Vorjahres Jana Sussmann (Lauf Team Haspa Marathon Hamburg/34:23) und Laura Hottenrott (GSV Eintracht Baunatal/33:43) weitere Verbesserungen zuzutrauen. Freuen darf man sich auch auf die Marathonspezialistin Mona Stockhecke (Lauf Team Haspa Marathon Hamburg), die bei den Europameisterschaften in Zürich Rang 22 belegt hatte.
Am meisten bejubelt wird sicherlich Sabrina Mockenhaupt (Lauf Team Haspa Marathon Hamburg), die im Kreis Calw schon eine alte Bekannte ist und besonders viele Fans hat. 2012 wurde sie in Nagold Deutsche Meisterin über 10 Kilometer, letztes Jahr gewann sie in Liebenzell beim Halbmarathon ihren 43. Titel und lief in diesem Frühjahr beim Hesselauf in Calw Streckenrekord in 33:39. Ihre Bestzeit von 31:49 ist zwar nicht mehr zu erreichen, auch die 32:59, die 2015 an gleicher Stätte zur Vizemeisterschaft gereicht hatten, scheinen derzeit entfernt. Dass die sympathische Vorzeigeathletin wenige Wochen nach einem operativen Eingriff schon wieder ihr aussichtsreiches Team verstärkt, ist aber aller Ehren wert.

Im Streit, ob Meisterschaften in große Rennen eingebettet werden oder lieber bei separaten Veranstaltungen ausgetragen werden, hoffen die Veranstalter um Fritz Sander und Günther Henne wieder auf sportliche Antworten. 2014 beim Kölauf in Düsseldorf blieben nur sieben Frauen unter 35 Minuten und lediglich fünf Männer unter 30 Minuten. 2016 beim Alsterlauf in Hamburg war die Bilanz mit sieben Frauen unter 35 und vier Männern unter 30 Minuten noch schwächer. 2015 in Bad Liebenzell liefen dagegen 10 Frauen unter 35 und 15 Männer unter 30 Minuten.

Anm. (29.08.2017): Leider kann Anja Scherrl aufgrund einer Verletzung nicht an den Start gehen.