Christina Obergföll gewinnt einzige Medaille der deutschen Leichtathleten<br>Anne Möllinger mit der Staffel auf Platz fünf in Peking
  25.08.2008 •     BLV


Peking (15.-24.08.) - Für die beiden badischen Teilnehmerinnen Christina Obergföll (LG Offenburg) und Anne Möllinger (MTG Mannheim) waren die Olympischen Spiele in Peking ein voller Erfolg. Christina Obergföll sicherte dem DLV mit Bronze im Speerwerfen die einzige Medaille der Spiele, Anne Möllinger lief überraschend mit dem Staffelquartett im Finale auf Rang fünf.

Christina Obergföll war zwar mit noch größeren Medaillenambitionen in den Speerwurfwettkampf gestartet, freute sich am Ende aber über Bronze und erkannte die Topleistungen der Olympiasiegerin Barbora Spotakova (71,42 m) und der Zweiten, Maria Abakumova (70,78 m) an, die zudem nacheinander Europarekord geworfen hatten. „Die 71 Meter sind ein wahnsinniges Ergebnis. Hut ab vor der Leistung. Bei den 70-Meter-Würfen, da muss alles stimmen.

Ich bin froh, dass ich Bronze geholt habe“, so Christina kurz nach dem Wettkampf in der Mixed-Zone. „Ich hätte gerne auch um Silber gekämpft, von Gold natürlich geträumt. Irgendwann war der Gedanke, Du bist froh, wenn Du mit einer Medaille noch raus kommst“, beschrieb sie, was in ihrem Kopf vorgegangen war.

Der Wettbewerb hatte sich schon im ersten Durchgang zu einem hochklassigen Speerwerfen entwickelt. Christina war aus dem Kreis der Medaillenkandidatinnen als erste an der Reihe. Nach einem Tag mit immer wieder starken Regenfällen begann das Speerwurffinale im Trockenen (zumindest von oben). Christina legte mit 66,13 m gleich eine gute Weite hin und ging kurzzeitig in Führung.

Direkt nach ihr steigerte sich die Russin Maria Abakumova auf 69,32 m. Die tschechische Weltmeisterin Barbora Spotakova ließ ihren Speer auf 69,22 m fliegen. Die Karten lagen auf dem Tisch. Im zweiten Durchgang begann es leicht zu regnen, keine optimalen Bedingungen. Christinas Speer landete knapp außerhalb des Sektors, wieder bei rund 66 m. „Die Speerspitze ist mir heute vom Kopf weg gegangen. Deshalb sind auch zwei Würfe rechts aus dem Sektor raus gegangen. Wenn die gerade gehen, sind die zwei, drei Meter weiter. Aber das hätte heute auch nicht gereicht“, so Christina später.

In dieser Konstellation gingen die drei mit fünf weiteren Athletinnen, darunter auch Steffi Nerius (mit 64,05 m auf Rang fünf) und Katharina Molitor (59,64 m) in den Endkampf. Dort wurde der Regen zunächst stärker, die Chinesen versuchten den Anlauf mit Handtüchern trockener zu bekommen. „Es war schwer mit dem Regen, weil man sich einfach nicht mehr so bewegen kann. Man kann sich zum Beispiel nicht mehr hinlegen“, versuchte Christina die missliche Lage zu veranschaulichen.

Alle Werferinnen hatten ihre Probleme, nur die Russin Abakumova nicht. Mit 70,78 m entriss sie um 20.09 Uhr Christina den Europarekord und baute die Führung aus. Als dritte Frau schaffte es die Russin mit dem aktuellen Speer über 70 Meter zu werfen. Im vergangenen Jahr war sie noch mit 64,28 m notiert.
Gefragt nach Dopingverdächtigungen, äußerte sich Christina zurück haltend: „Damals in Helsinki bei der WM 2005 habe ich mich auch von 64 auf 70 Meter gesteigert. Da hatten mich sicher auch einige auf der Liste der Dopingverdächtigen...

Aber die Russin hat heute nicht nur einmal so weit geworfen, sondern zwei Mal 69 und einmal 70 Meter.“

Doch damit noch lange nicht genug. Im sechsten Durchgang – der Anlauf war mittlerweile wieder trockener und der Regen hatte nachgelassen – steigerte sich zunächst Steffi Nerius auf 65,29 m und sicherte sich Platz fünf hinter der Britin Goldie Sanders, die mit 65,75 m einen nationalen Rekord erzielte. Christina konnte sich nicht mehr verbessern, aber die Gold-Favoritin Barbora Spotakova zeigte Nerven wie Drahtseile: Mit 71,42 m blieb sie nur 28 Zentimeter unter dem Weltrekord der Kubanerin Osleidys Menendez und entriss Abakumova nach nur 18 Minuten den Europarekord. Die konnte nicht mehr zulegen, somit wurde Spotakova Olympiasiegerin. Die deutschen Frauen freuten sich mit der Tschechin. „Sie ist mir sympathisch“, so die einfache Erklärung von Christina.

Die Siegerehrung wenig später nahmen Helmut Digel und der IOC-Vizepräsident Thomas Bach vor. Danach ging es für Christina weiter ins nahe gelegene internationale Fernsehzentrum IBC, wo sie bei Reinhold Beckmann zu Gast war und live in der ARD mit ihm auf ihren 27. Geburtstag am 22. August anstoßen konnte. Mit ihren Eltern und ihrem Sponsor feierte Christina dann im Deutschen Haus Medaille und Geburtstag weiter.

Nur wenige Minuten nach Christinas Bronzemedaille stand die Mannheimerin Anne Möllinger als Startläuferin der deutschen 4x100m-Staffel auf der Bahn des Olympiastadions. In 43,59 sec liefen die Deutschen als Dritte ihres Vorlaufs ins Finale. Dabei profitierten sie von den Wechselfehlern der Französinnen. Im anderen Lauf schafften es die US-Girls nicht, das Staffelholz fehlerfrei ins Ziel zu bringen. Entsprechend strahlte Anne Möllinger nach dem Lauf und versuchte das Besondere an Olympischen Spielen in Worte zu fassen: „Olympische Spiele sind schon cool. Das ganze Drumherum ist Wahnsinn. Man kann es kaum beschreiben, das muss man selbst erlebt haben.“

Zwei Tage später am Samstag hatte Anne Möllinger das Vergnügen erneut, im Olympiastadion laufen zu dürfen. Gemeinsam mit Verena Sailer (LAC Quelle Fürth/München), Cathleen Tschirch (LG Weserbergland) und Marion Wagner (USC Mainz) verbesserte sie sich im Vergleich zum Vorlauf um 21 Hundertstel auf 43,28 sec. Damit kamen die deutschen Sprinterinnen bis auf drei Hundertstel an ihre Jahresbestzeit heran und überzeugten voll.

Der Olympiasieg ging überraschend an die Russinnen in 42,31 sec vor Belgien, das mit 42,54 sec Landesrekord lief, und Nigeria (43,04). Die mittlerweile favorisierten Jamaikanerinnen scheiterten schon beim zweiten Wechsel und kamen nicht ins Ziel.

Bei den deutschen Damen klappten die Wechsel alle, auch der erste Wechsel von Anne Möllinger auf Verena Sailer, der im Vorlauf noch problematisch war. „Der Wechsel hat genau gepasst“, sagte Anne Möllinger. „Ich habe leicht rausgenommen, aber der Wechsel war noch gut“, meinte Verena Sailer. Der Schlussläuferin und Staffel-Weltmeisterin von 2001, Marion Wagner, blieb es vorbehalten, die Bilanz zu ziehen: „Wir sind auf jeden Fall zufrieden.“