» Aus Göteborg berichtet Bettina Schardt «<br><br>Wechselbad der Medaillen - noch Silber für Bolm
  12.08.2006 •     BLV


Kirsten Bolm war am Freitagabend nicht zu beneiden. Direkt nach dem 100-Meter-Hürden-Lauf erschien ihr Name auf der Anzeigentafel im Stadion und auf den Ergebnismonitoren an zweiter Stelle. Riesenjubel bei der 31-Jährigen über Silber. Doch die Freude wehrte nicht lange, nach nur zwei Minuten war der Name wieder weg. "Das war der härteste Moment, als mein Name wieder weg geblendet wurde. Da habe ich sehr gebangt, ob ich überhaupt eine Medaille gewonnen habe", so Kirsten am nächsten Morgen.

Minutenlang saß sie mit der Irin Derval O'Rourke im Zielbereich auf der Kunststoffbahn und schaute Richtung Anzeigentafel. Es tat sich nichts. Schließlich standen beide Hand in Hand da und warteten. "Wir haben gemeinsam gehofft und gebangt. Wir wollten, dass wir beide zumindest eine Medaille bekommen." Dann das Ergebnis: Silber für Derval O'Rourke in 12,72 Sekunden, Bronze für Kirsten Bolm, ebenfalls in 12,72 Sekunden.

"Im ersten Moment war ich natürlich enttäuscht. Aber ich hatte auch Panik, dass ich gar keine Medaille gewinne", erzählt Kirsten Bolm. Doch die Aufregung war für diesen Tag noch lange nicht zu Ende. Nach zahlreichen Interviews traf man sich im Vorbereitungsraum für die Siegerehrung wieder. Dort erfuhren die Läuferinnen, dass der Deutsche Leichtathletik-Verband Protest gegen das Ergebnis eingelegt hatte.

"Wir wollten nicht der Irin die Silbermedaille wegnehmen, sondern dass Kirsten auch eine bekommt", so Frank Hensel, Leistungssportchef des DLV. Für Kirsten Bolm und Derval O'Rourke ging das Zittern weiter: "Wir wussten gar nicht, was passiert und hatten Panik, gar keine Medaille mehr zu bekommen. Wir haben die Frau, die die Siegerehrung betreut, ständig gefragt, ‚haben wir die Medaillen?'. Sie musste uns das mindestens fünf Mal bestätigen", so Kirsten Bolm.

Beim Protest ging es darum, dass der DLV beantragt hatte, nicht nur das Zielfoto aus Sicht der Kamera von außen, sondern auch das Foto aus Sicht der Infield-Kamera zu Rate zu ziehen. DLV-Manager Siegfried Schonert hinterlegte 100 Euro Protestgebühren, die sich gelohnt haben. Um kurz vor 23 Uhr stand fest: Derval O'Rourke und Kirsten Bolm bekommen Silber! Große Freude bei Kirsten Bolm zu später Stunde im Deutschen Haus.

"Nach den Stunden des Bangens und Wartens endlich Silber. Ich bin überglücklich. Am Ende konnte ich nichts mehr tun. Ich konnte nur noch abwarten", so Kirsten Bolm. "Ich bin froh, dass sich der Verband so engagiert hat. Ich hatte mich schon fast mit Bronze abgefunden." Bolms Bundes- und Heimtrainer Rüdiger Harksen freute sich mit seiner Athletin: "Jetzt steht sie da, wo sie hingehört."