Shanice Craft mit Gold und Silber erfolgreich

  16.07.2012    BLV
Barcelona (10.-15.07.) – Sie drückte den Welttitelkämpfen der Junioren ihren Stempel auf: Shanice Craft von der MTG Mannheim wurde mit Gold und Weltjahresbestleistung im Kugelstoßen am ersten Tag und Silber im Diskuswurf am Schlusstag zur erfolgreichsten deutschen Athletin. Auch andere BLV-Athleten konnten sich gut in Szene setzen – immerhin hatte der „kleine“ BLV sechs Teilnehmer in Spanien am Start. Kugelstoßer Bodo Göder landete auf Platz sieben, Max Scheible, Jonas Christen und Patrick Domogala schafften jeweils den Einzug ins Halbfinale. Malaika Mihambo blieb leider in der Qualifikation hängen.

„Das Abschneiden unserer jungen Athletinnen und Athleten war herausragend – geradezu grandios“, schwärmte BLV-Präsident Philipp Krämer nach den Meisterschaften. „Natürlich darf ich an erster Stelle Shanice Craft gratulieren, die als eine der erfolgreichsten Athletinnen aus Barcelona zurückkehrt. Ihre Steigerung in diesem Jahr – da denke ich nicht nur an das Kugelstoßen in Barcelona, sondern auch an das Diskuswerfen bei den „Deutschen“ in Wattenscheid -, ist schon unglaublich. Eine tolle Rolle spielten auch unsere „Männer“, die sich allesamt hervorragend verkauften.“

Unverhofft zu Kugelstoß-Gold

Besser hätte die U20-Weltmeisterschaft im spanischen Barcelona kaum beginnen können: Shanice Craft sorgte am ersten Tag für den ersten Glanzpunkt. Mit neuer U20-Weltjahresbestleistung von kaum vorstellbaren 17,15 m gewann sie beim Kugelstoßen die Goldmedaille vor den favorisierten Chinesinnen.
Bereits am frühen Vormittag in der Qualifikation hatte Shanice aufgetrumpft. Ein Stoß reichte, um mit neuer Bestleistung von 16,41 m locker ins Finale der besten zwölf einzuziehen. Am Abend folgte dann der totale Triumpf. Gleich im ersten Versuch des Finales wuchtete die 1,84 m große Athletin die 4-Kilo-Kugel auf fantastische 17,15 m. Damit schockte sie die Konkurrentinnen und steigerte ihre Bestleistung aus der Quali um nochmals 74 Zentimeter und ihre bisherige Bestweite von Ende Mai (15,69 m) um sagenhafte 1,46 m. Mit 16,57 und 16,48 m hatten die Chinesinnen im Verlauf des Wettkampfs dem nichts mehr entgegenzusetzen. „Ich bin sehr glücklich, dass ich die Spezialistinnen in dieser Disziplin schlagen konnte“, strahlte Shanice, deren Stärke ja eigentlich das Diskuswerfen ist. „Ich konnte es zuerst gar nicht glauben, als die Weite angezeigt wurde. Ich war letzte Woche noch erkältet und konnte nicht trainieren. Daher bin ich sehr erstaunt über das Ergebnis. Über 17 Meter zu stoßen ist grandios.“
Auch für zwei andere Badener lief es am ersten Tag blendend. Jonas Christen (TSG Niefern) gewann seinen Vorlauf über 110m Hürden in 13,94 sec und zog problemlos ins Halbfinale ein. Auch Patrick Domogala (MTG Mannheim) löste seine Aufgabe im 100m-Vorlauf souverän und erreichte als Zweiter in 10,56 sec direkt qualifiziert die nächste Runde.

Platz sieben und Bestleistung für Bodo Göder

Am zweiten Tag musste aber zuerst Kugelstoßer Bodo Göder (SR Yburg Steinbach) ran. Frühmorgens um 9.10 Uhr fand die Qualifikation statt. Und Qualis haben bekanntermaßen ihre eigenen Gesetze. Der Steinbacher kam gar nicht gut in den Wettkampf. Doch mit einer Weite von 19,15 m im dritten Versuch qualifizierte er sich als Zwölftbester fürs Finale. Am Abend lag er dann mit 19,27 m zuerst auf Platz acht, wurde dann auf Platz neun verdrängt, konnte aber im dritten Versuch kontern. Mit 19,70 m gelang Bodo eine neue Bestweite und der Sprung auf Platz sechs, was drei weitere Versuche bedeutete. Dort übertrumpfte ihn zwar noch der Finne Kangas (19,85 m), sodass der 19-Jährige die Welttitelkämpfe als Siebter abschloss, aber Göder zeigte sich trotzdem zufrieden: „Das war genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte.“ Dass vor ihm Weiten jenseits der 21 und 22 Meter purzelten, habe ihm nichts ausgemacht. „Ich habe mich auf meinen Wettkampf konzentriert, war fitter, besser drauf als am Vormittag.“
Fast gleichzeitig mit dem Kugelstoßen standen die Halbfinalläufe über 110m Hürden und 100m an. Zuerst musste Jonas Christen ran. Der Nieferner bot bis zur siebten Hürde eine gute Vorstellung, doch dort trat er in das Hindernis und verlor wertvolle Hundertstel, die ihm am Ende fehlen sollten. In 13,76 sec wurde er Dritter und verpasste um fünf Hundertstel den Einzug ins Finale.
Auch Patrick Domogala fehlten am Ende nur wenige Zentimeter zum Erreichen des Endlaufs. Hinter dem überragenden Briten Gemili (10,18) liefen gleich mehrere Läufer fast zeitgleich über die Ziellinie. Patrick verpasste als Dritter in 10,55 sec nur um eine Hundertstel den direkten Einzug ins Finale und schaffte es auch nicht über die Zeit.
Eine Runde weiter kam über 400m Hürden Max Scheible vom TuS Lörrach-Stetten. Im letzten von sieben Vorläufen erreichte er als Dritter in 51,82 sec direkt die Qualifikation für die Semi-Finals am nächsten Tag. Und dort wurde es dann natürlich hart für den Südbadener. Doch Max meisterte auch diese Aufgabe bravourös und lief in 51,43 sec eine neue Bestzeit. Auf Bahn neun laufend legte er ein flottes Tempo vor, musste aber auf der Zielgeraden vier Konkurrenten ziehen lassen. Als Fünfter schaffte er zwar nicht den Einzug in den Endlauf, war aber mit sich und seinem Ergebnis vollauf zufrieden: „Es war super, ein richtig geiler Lauf“, strahlte er. „Darauf bin ich richtig stolz.“
Für Vielstarter Patrick Domogala stand am Vormittag der Vorlauf über 200m auf dem Programm. Nach 21,19 sec überquerte er als Dritter seines Laufs die Ziellinie. Als Zweiter von acht Zeitschnellsten war er weiter im Halbfinale. „Heute Morgen ging es mir nicht so gut“, musste er feststellen, „ich habe meine Beine gemerkt und war erst mal bei den Physios. Der ganze Rücken war zu, den mussten sie wieder aufmachen, das hat ordentlich geknackt!“ Im Halbfinale am Abend konnte er sich dann nicht mehr verbessern. In 21,58 sec wurde er in seinem Lauf Sechster und verpasste das Finale deutlich. 4,5 m/s Gegenwind herrschten bei seinem Lauf; „Das war wie Stehen“, beschrieb der enttäuschte 19-Jährige sein Gefühl beim Einbiegen auf die Zielgerade.
Ebenfalls nicht gut lief es für Malaika Mihambo. Die Weitspringerin der LG Kurpfalz war nach einem Protest noch kurzfristig nachnominiert worden und erst am Montag nach Spanien geflogen. Als 14. der Qualifikation fehlten ihr mit 6,15 m fünf Zentimeter auf Rang zwölf.
Am vierten Wettkampftag stand Patrick Domogala wieder auf der blauen Kunststoffbahn, als die Staffelvorläufe über 4x100m aufgerufen wurden. Doch das deutsche U20-Quartett hatte gegen die überragende Konkurrenz (elf Sprintstaffeln unter 40 Sekunden) keine Chance. Trotz Saisonbestzeit von 40,08 sec reichte es nur zu Platz vier in ihrem Vorlauf und insgesamt zu Rang 13.
Shanice Craft hatte den Vormittag bei der Qualifikation im Diskuswerfen eröffnet. Und mit dem Selbstbewusstsein von Kugelstoß-Gold machte sie kurzen Prozess: Mit einem Wurf auf 55,75 m erzielte sie die beste Weite aller Athletinnen und hatte ihr Tageswerk erfüllt. „Ich wollte heute keine Bestweite werfen, der Ring ist ein bisschen glatt, da bin ich auf Sicherheit gegangen“ erklärte sie. „Das war okay für die Uhrzeit.“
Für den glänzenden Schlusspunkt am Sonntagabend sorgte dann wieder die Mannheimerin. Und dieses Mal machte sie’s nicht im ersten, sondern im letzten Versuch. Nach 58,44 und 58,51 m lag sie nach dem Vorkampf an erster Stelle, musste sich dann aber von der US-Amerikanerin Shelbi Vaughan (60,07) überholen lassen. Im sechsten und letzten Durchgang holte dann die bereits für Olympia nominierte Anna Rüh (Neubrandenburg) zum großen Wurf aus und schleuderte die Scheibe auf 62,38 m. Die US-Amerikanerin konnte nicht mehr kontern, aber Shanice verdrängte sie mit einem blitzsauberen Wurf auf 60,42 m noch von Rang zwei und sorgte als Vizemeisterin für den deutschen Doppelsieg.
Für Shanice war der zweite Medaillengewinn innerhalb von sechs Tage „ein unbeschreibliches Gefühl.“ Sie sei nicht so locker gewesen wie vor dem Kugelstoß-Finale, alle Werferinnen hätten sich mit dem Ring schwer getan. „Dass Anna noch einen rausgehauen hat, hat mich noch mal richtig gepusht“, erklärte sie. „Ich wollte heute die deutsche Hymne hören, ich wollte den Doppelsieg.“
„Wir dürfen als BLV glücklich und stolz über die Anzahl der BLV-Nominierten und deren Abschneiden sein“, freute sich auch BLV-Präsident Philipp Krämer. „Sie haben unseren Landesverband ganz ausgezeichnet und sehr sympathisch vertreten. Neben dem Glückwunsch an die Athletinnen und Athleten ist es mir aber auch ein großes Anliegen allen Trainern und Betreuern zu danken, die einen hervorragende Arbeit geleistet haben und ihren Anteil an diesem großartigen Abschneiden bei der Weltmeisterschaft haben. Mit diesem Auftritt haben sie wie die Athletinnen und Athleten gezeigt, was bei einer zielgerichteten Arbeit möglich ist. Ich wünsche mir, dass diese Erfolge Ansporn und Motivation für alle unsere Athletinnen und Athleten, sowie Trainer und Betreuer sind. Die badische Leichtathletik „lebt“ – das ist das mein Resümee nach Barcelona“, so der BLV-Präsident weiter. „Und ich denke, dass wir in großer Vorfreude unsere Blicke auch nach London lenken dürfen, wo der BLV erneut sehr stark vertreten sein wird und fünf Olympiastarter stellt. Diesen schon jetzt alles Gute und viel Erfolg.

Ralf Wohlmannstetter