Geipels Name wird aus Rekordliste gestrichen<br>DLV-Präsidium und Verbandsrat tagte / Präambel für Rekordliste
  10.05.2006 •     BLV


Auf einer Präsidiums- und Verbandsratsitzung in Darmstadt hat der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) am Freitag vergangener Woche beschlossen, dass dem Antrag von Ines Geipel auf Löschung ihres Namens aus den Rekordlisten stattgegeben wird. In einem Schreiben vom 28. Juli 2005 an den DLV hatte Ines Geipel (früher Ines Schmidt) beantragt, ihren Namen aus den Rekordlisten zu streichen, da der Rekord Resultat gerichtlich bestätigter Körperverletzung mittels Doping und damit Sportbetrug gewesen sei. Es handelte sich dabei um den Vereins-Staffelrekord (SC Motor Jena) aus dem Jahre 1984 über 4x100m in 42,20 sec. Künftig wird ein Sternchen darauf hinweisen, dass die fehlende Athletin ihren Namen aus der Rekordliste gestrichen haben wollte.

Ihre damaligen Teamkolleginnen Bärbel Wöckel, Marlies Göhr sowie Ingrid Auerswald werden nicht aus der Rekordliste gestrichen, da eine individuelle Aberkennung der Rekorde nach den eingeholten Rechts-Expertisen gegen den Willen der Rekordhalter nicht möglich ist. Das Präsidium des DLV fordert jedoch alle Inhaber von Rekorden auf, sich in den Kampf des DLV gegen Doping einzureihen und die Streichung ihrer Rekorde zu beantragen, wenn diese auf der Anwendung von Doping beruhen.
Bezüglich der Rekordlisten beschloss der Verbandsrat nach ausführlicher Diskussion einstimmig, dass die derzeitigen Rekordlisten beibehalten werden, jedoch eine Präambel vorangestellt wird. In dieser Präambel wird darauf hingewiesen, dass nach heutigen Erkenntnissen einige Rekordhalter unter dem Verdacht stehen, Doping-Substanzen eingenommen zu haben und ein Teil der Rekorde auf der Basis von Zwangsdoping und Doping in Form strafrechtlich relevanter Körperverletzung erzielt wurde. Insofern wird auf einschlägige Veröffentlichungen und Urteile staatlicher Gerichte Bezug genommen. Derartig erzielte Rekorde würden nicht den ethischen Werten des DLV entsprechen und seien als Bezugssystem für heutige sportliche Leistungen nicht geeignet.

Gleichzeitig fordert der DLV vom künftigen Sport-Dachverband DOSB bezüglich dopingbelasteter Rekorde eine den gesamten deutschen Sport betreffende Lösung in einem angemessenen Zeitraum. Außerdem hat der DLV ein Grundsatzpapier zur Ethik im Leistungssport in acht Punkten verabschiedet.
DLV-Präsident Dr. Clemens Prokop sagte nach der Sitzung: "Nachdem eine Einzelfallentscheidung über dopingverdächtige Rekorde nicht möglich war, gab es keine Patentlösung, die allen Interessen gerecht wurde. Es ging einerseits darum, sich von den Rekorden zu distanzieren, die nicht im Einklang mit den Ethik-Vorstellungen des Verbandes stehen, andererseits durften aber auch nicht Athleten mit zweifellos "sauberen" Rekorden nochmals Opfer von Dopingpraktiken anderer Sportler werden."

Die Diskussion im Verbandsrat konzentrierte sich rasch auf zwei sportpolitische Lösungen. Auf Grund der Expertisen bzw. Stellungnahmen von vier führenden deutschen Sportrechtlern hatte sich zunächst ergeben, dass eine rückwirkende Aberkennung der Rekorde gegen den Willen der Betroffenen rechtlich nicht möglich ist. Neben der getroffenen Entscheidung wurde eine Jahrhundertrekordliste diskutiert. Für diese Lösung gab es keine ausreichende Mehrheit. Gegenargumente waren hier vor allem, dass "saubere" Athleten durch die Relativierung ihrer Rekorde benachteiligt würden und der rein kalendarische Wechsel nicht als ausreichende Legitimation für die Einführung einer neuen Rekordliste erschien. Außerdem sollte vermieden werden, dass der DLV vom übrigen deutschen Sport abweichende Rekordlisten führt. Insofern wurde der DOSB zu einer Lösung für den gesamten deutschen Sport aufgefordert.

Peter Schmitt